Klammheimlich schleicht sich die Marke MG zurück auf den europäischen Automarkt. Die einstige Traditionsmarke aus England ist seit 2005 chinesisch und gehört zum Grosskonzern SAIC (Shanghai Automotive Industrial Corporation). Geblieben ist aber das britische Understatement.
Andere chinesische Elektromarken wie Nio, Faraday, Byton oder Geely machen mit grossen Ankündigungen von sich reden, haben aber teilweise noch nicht einmal ihr erstes Modell am Start. Bei MG hingegen kamen zuerst die Fahrzeuge und dann die Ankündigungen. Diese Strategie funktionierte schon beim adretten Kompakt-SUV Marvel R und wird jetzt beim MG4 Electric weitergeführt. Der kompakte Stromer wird ab nächstem Jahr gegen Renault Megane E-Tech, VW ID.3 und Cupra Born oder Peugeot e-308 und Opel Astra-e antreten. Auch hier verzichtet MG auf grosses Brimborium – die Chinesen zeigen gleich Bilder ihres fertigen Modells.
Scharfes Design
Und das kann sich sehen lassen. Der 4,29 Meter lange Kompakt-Stromer sieht schnittig und frech aus. Am Heck fallen das LED-Leuchtenband und zwei Flaps an der Dachkante auf; schwarze Stossfänger und Seitenschweller geben dem MG4 Electric einen leichten Crossover-Look.
Auf die erste Testrunde gehts aber im noch getarnten Prototypen. Die Bildschirme im übersichtlichen Cockpit sind noch verdeckt, aber es gibt ja schon Bilder: Der kleine Bildschirm fürs digitale Cockpit erinnert mit seinen drei Sektoren für Assistenten, Tempo und Navigation stark an VWs ID-Modelle. Auch der mittige Touchscreen für das Infotainment zeigt, dass der deutsche Konkurrent als Vorbild diente. Aber statt über einen Hebel am Cockpit-Display wird die Fahrstufe per Drehrad unter dem mittigen Touchscreen gewählt.
In der freischwebende Mittelkonsole lässt sich das Smartphone griffgünstig platzieren. Mehr Ablagen befinden sich darunter oder in den ebenfalls noch verhängten Türtaschen. Der Sitzkomfort vorne passt, das Platzangebot hinten trotz der überschaubaren Abmessungen ebenfalls – zumindest für zwei Personen.
Alleinstellungsmerkmal Allrad
Der MG4 Electric steht auf einer neuen Elektro-Plattform von SAIC. Im Unterboden steckt eine nur elf Zentimeter dicke Batterie mit wahlweise 51 oder 64 Kilowattstunden (kWh) Kapazität, die für 350 oder 450 Kilometer Reichweite sorgt. Am Schnelllader sind die Akkus in 30 Minuten wieder zu 80 Prozent geladen. Noch wichtiger: Die Plattform kann auch Allrad – das dürfte mögliche Schweizer Kunden freuen. Denn das bietet sonst bisher kein kompakter Stromer.
Vorerst gibts aber nur 204 Elektro-PS (150 kW) an der Hinterachse. Damit geht es vom Start ebenso lautlos wie flott los. Die Lenkung des Prototypen ist sehr leichtgängig, aber durchaus präzise, und in den ersten Kurven fällt das neutrale Fahrverhalten auf. Grund dafür ist die perfekte Gewichtsverteilung von 50:50 zwischen Vorder- und Hinterachse. Und auch der tiefe Schwerpunkt des MG4 gefällt. Ein kurzer Zwischenspurt auf der Schnellstrasse belegt, dass die 0 auf Tempo 100 in rund acht Sekunden ebenso realistisch sind wie die abregelte Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h.
Kostet so viel wie die Klasse tiefer
Mit dem kleineren Akkupaket kommt der MG4 Electric noch auf 170 PS (125 kW). Offiziell gibts zwar noch kein Preisschild, doch in Anbetracht der bisherigen MG-Preispolitik dürfte er in Deutschland umgerechnet um die 29'000 Franken kosten. Dafür gibts bei der Konkurrenz nur Fahrzeuge eine Klasse tiefer, wie beispielsweise Fiat 500 oder Opel Corsa-e.
Doch in der Schweiz ist noch Geduld gefragt. Derzeit ist MG bei uns nicht vertreten, aber das soll sich noch dieses Jahr ändern. Der MG4 Electric wird aber auch in Deutschland erst zum Jahreswechsel starten. Er dürfte neben dem Elektro-Kombi MG5 das ideale Modell sein, um auch bei uns erste Kunden zu gewinnen.