Da blicken selbst Mercedes-Fans langsam nicht mehr durch: Jahrzehntelang war der offene SL ein Traumwagen erster Güte. Doch dann stiegen fette Power-SUVs zum neuen Statussymbol auf. Wenn Sternenliebhaber trotzdem Roadster kauften, dann eher gleich den schärferen AMG GT als den immer biederer gewordenen SL. Die Baureihe stand vor dem Aus – bis Mercedes sich besann und Ende 2021 endlich wieder einen würdigen Nachfolger der Roadster-Ikone präsentierte – scharf gemacht von Sporttochter AMG. Seither fährt der SL als offener Bruder Tür an Tür mit dem neu nur noch geschlossenen AMG GT – und überholt die soeben vorgestellte zweite Generation des Mega-Coupés jetzt sogar!
Drinnen schlägt ein Doppelherz
Möglich machts die neue Topvariante mit der etwas unhandlichen Modellbezeichnung Mercedes-AMG SL 63 S E-Performance. Hinter dem Namenskonstrukt steht ein offener Traumschlitten, wie es ihn so im Roadster-Reich noch nicht gegeben hat. Im SL 63 S E wird der bereits aus SL und GT bekannte Vierliter-V8-Biturbomotor mit einer 204 PS (150 kW) starken E-Maschine an der Hinterachse kombiniert. Das Plug-in-Hybrid-System, was so auch schon im AMG GT Viertürer verbaut wird, kommt damit auf eine kombinierte Leistung von gewaltigen 816 PS (600 kW) und 1420 Nm maximales Drehmoment. Der 2+2-Sitzer prescht damit in lediglich 2,9 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht 317 km/h Spitze. Selbstredend knackt der Mega-Roadster damit alle bisher dagewesenen Rekordmarken der traditionsreichen Baureihe. Das bisherige Topmodell SL 63 4Matic+ muss sich mit 585 PS (430 kW) und 800 Nm begnügen.
Und ein paar Kilometer weit gleitet der Mercedes-AMG SL 63 S E-Performance dabei sogar emissionsfrei: Die 6,1 Kilowattstunden grosse Batterie reicht theoretisch für 13 Kilometer rein elektrische Fahrt. Die Ladung erfolgt über das installierte 3,7-kW-On-Board-Ladegerät mit Wechselstrom. Gedacht ist der E-Motor aber vor allem als Boost beim Anfahren und Beschleunigen, nicht als alleinige Antriebsquelle. Und als Bilanzverbesserer: Auf dem Papier kommt der Supersportwagen auf einen Normverbrauch von 7,7 Litern pro 100 Kilometer. Bei artgerechter Gangart wird dieser Wert in der Praxis – wie so oft bei Plug-in-Hybriden – aber wohl kaum erreicht.
Technik-Feuerwerk
Damit der Allradler die versprochene Performance auch auf die Strasse bringen kann, geht Mercedes bei der Technik in die Vollen: Ein Luftfederfahrwerk samt aktiver Wankstabilisierung ist genauso an Bord wie eine Hinterachslenkung und ein mechanisches Sperrdifferenzial. Zudem steckt im Unterboden vor dem V8-Block ein aktives Aerodynamik-Element. Es reagiert auf die unterschiedlichen Fahrmodi und fährt bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h automatisch um 40 Millimeter nach unten aus – der sogenannte Venturi-Effekt saugt den Wagen zusätzlich an die Fahrbahn. Weiter verbessert der nahtlos in den Heckdeckel integrierte, ausfahrbare und fünffach verstellbare Spoiler die Aerodynamik des neuen SL-Topmodells.
Start des Mercedes-AMG SL 63 S E-Performance dürfte im Frühjahr 2024 sein. Zu welchen Preisen ist bisher nicht bekannt. Bereits der nicht-elektrifizierte SL 63 mit seinen 585 PS kostet aber mindestens 220'100 Franken.