Aiways, Piëch, Nio, Rivian und Byton – das sind nur fünf von unzähligen Start-ups, die versuchen, mit neuen Elektroautos die etablierten Hersteller alt aussehen zu lassen. Immerhin, Tesla machte es vor: Aus dem Nichts baute CEO Elon Musk (50) einen Autobauer auf, der die Marken aus Europa inzwischen vor sich hertreibt. Und dabei sogar Geld verdient.
Steiler Start und dann der Absturz: Manches Start-up verglühte so schnell mangels tragfähiger Finanzen, wie es vorher gehypt wurde. Immerhin: Aiways ist bei uns gerade gestartet und auch Nio will noch 2022 in Europa beginnen. Aber bei Piëch scheint es langsamer voranzugehen als gedacht – und springt gerade ein Teil der Führungsriege ab. Börsenliebling Rivian hat sich mit ungeschickter Preispolitik unmöglich gemacht. Und bei Byton zog die chinesische Regierung den Stecker – viel zu westlich orientiert war das Unternehmen.
Irre Leistung, Riesen-Reichweite
Vielleicht ist die Strategie von Lucid Motors die bessere: Seit 2014 arbeitete das Start-up aus Kalifornien an seinem ersten Modell namens Air – geradezu bedächtig, verglichen mit anderen Schnellschützen in der Branche. Jetzt ist es parat, wird in den USA schon ausgeliefert und kommt ab Mai auch nach Europa. Dann eröffnet das erste Studio von Lucid Motors in München (D); eines in Zürich soll wenig später folgen.
Superlative hats für den Air geregnet: 1111 PS beim Topmodell, bis zu 837 Kilometer Reichweite, in 2,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h – da kommt Tesla kaum mit. Bei Lucid interessiert das aber niemanden. «Tesla-Gegner, Tesla-Jäger, Tesla-Killer – wir können es nicht mehr hören», sagt Kommunikationschef Kayvan Nikjou aus der Amsterdamer Europa-Zentrale von Lucid grinsend. «Wir haben den grössten Respekt vor Tesla. Ohne Musk hätte die E-Mobilität nie solchen Schwung bekommen.»
Antrieb: 1 oder 2 Elektromotoren, 480 bis 1111 PS (353 bis 817 kW), 1-Gang-Getriebe, Hinterradantrieb, Batterie 105 kWh (netto), Reichweite 620 bis 837 km
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 2,5 bis 3,2 s, Spitze 260 km/h
Masse: L/B/H 4,97/1,95/1,41 m, ab 2300 kg, Laderaum 280 l vorne, 739 l hinten
Umwelt: WLTP-Verbrauch Werk 16,7 kW/100 km, 0 g/km CO₂-Ausstoss lokal
Preis: ab ca. 80'000 Franken (noch nicht final).
Antrieb: 1 oder 2 Elektromotoren, 480 bis 1111 PS (353 bis 817 kW), 1-Gang-Getriebe, Hinterradantrieb, Batterie 105 kWh (netto), Reichweite 620 bis 837 km
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 2,5 bis 3,2 s, Spitze 260 km/h
Masse: L/B/H 4,97/1,95/1,41 m, ab 2300 kg, Laderaum 280 l vorne, 739 l hinten
Umwelt: WLTP-Verbrauch Werk 16,7 kW/100 km, 0 g/km CO₂-Ausstoss lokal
Preis: ab ca. 80'000 Franken (noch nicht final).
Das Ziel sei nicht, Tesla zu überholen, sondern einfach das beste Auto der Welt zu bauen. Lucid sieht sich in der Liga von Bentley, McLaren und Volvo. Will so luxuriöse (Bentley) wie performante Nobelautos (McLaren) für eine spezielle Klientel (Volvo) bauen – und nicht wie Tesla für den Massenmarkt. Dazu gehe Lucid auch technisch die Extrameile, suche die besten Lösungen. «Beispiel: Zwei der vorderen Lufteinlässe sind nur für die Kühlung der LEDs in der Front reserviert», erklärt Nikjou. So viel Aufwand treibe sonst niemand. Batterie, Leistungselektronik, Bedienung – das Preisniveau lasse Spielraum, um jeweils optimale Technik anzubieten.
Bei Null gestartet
Den Erfahrungsrückstand gegenüber den etablierten Autobauern sieht man bei Lucid eher als Vorteil. Keine Rücksicht auf konservative Verbrenner-Kundschaft und alte Technik, die sich noch amortisieren müsse – Lucid konnte auf einem weissen Blatt anfangen und holte sich bei der Konkurrenz die Köpfe, um es zu füllen. Wie CEO Peter Rawlinson, der bei Tesla einst das Model S entwickelte – vielleicht daher auch die Beisshemmung gegenüber Tesla. Lucid habe sich trotz nun über 2000 Mitarbeitenden das Start-up-Gefühl bewahrt, betont Nikjou. Jeder im Unternehmen sei auch Eigner, arbeite sozusagen für sich selbst.
Bereits 2007 startete Lucid Motors – damals noch unter dem Namen Atieva – als Zulieferer für Elektroantriebe. Sieben Jahre später ging es los mit der Entwicklung des ersten eigenen Modells namens Air. Seit 2016 trägt die Firma den Namen Lucid Motors und residiert seit 2019 im kalifornischen Newark (USA). Gebaut wird der Air im Werk in Casa Grande (Arizona, USA, Bild), ein weiteres Werk entsteht in Saudi-Arabien. Im Endausbau sollen 300'000 Autos pro Jahr vom Band laufen.
Lucid Motors, wesentlich mitfinanziert vom saudi-arabischen Staatsfonds, hat ein sehr erfahrenes Führungsteam angeheuert: CEO Peter Rawlinson gilt als Vater des Tesla-Erfolgs, weil er als Entwicklungschef einst das Model S anschob. Der Hardware-Technikchef Eric Bach kam ebenfalls von Tesla. Die Finanzchefin Sherry House ist von General Motors zu Lucid gestossen, Designer Derek Jenkins stylte vorher Audis, Mazdas und VWs.
Bereits 2007 startete Lucid Motors – damals noch unter dem Namen Atieva – als Zulieferer für Elektroantriebe. Sieben Jahre später ging es los mit der Entwicklung des ersten eigenen Modells namens Air. Seit 2016 trägt die Firma den Namen Lucid Motors und residiert seit 2019 im kalifornischen Newark (USA). Gebaut wird der Air im Werk in Casa Grande (Arizona, USA, Bild), ein weiteres Werk entsteht in Saudi-Arabien. Im Endausbau sollen 300'000 Autos pro Jahr vom Band laufen.
Lucid Motors, wesentlich mitfinanziert vom saudi-arabischen Staatsfonds, hat ein sehr erfahrenes Führungsteam angeheuert: CEO Peter Rawlinson gilt als Vater des Tesla-Erfolgs, weil er als Entwicklungschef einst das Model S anschob. Der Hardware-Technikchef Eric Bach kam ebenfalls von Tesla. Die Finanzchefin Sherry House ist von General Motors zu Lucid gestossen, Designer Derek Jenkins stylte vorher Audis, Mazdas und VWs.
Nachhaltigkeit stehe im Mittelpunkt bei Ressourcen und Produktion. Jeder Lucid beherrscht bidirektionales Laden; könne im Zusammenspiel mit einem smart gesteuerten Haus als Puffer auch für Solarstrom dienen. Alle Zulieferer müssten sich ökologischen Standards verpflichten; die Transportschiffe würden mit Biosprit betrieben. Chip-Lieferprobleme wie bei den Etablierten? «Nur minimal», sagt Nikjou. Die Produktion sei während der Pandemie gestartet. Daher habe man sich schon möglichst breit aufgestellt bei den Lieferketten. Ausserdem könne man in Lucids Segment auch ein paar US-Cents mehr pro Halbleiter ausgeben, das helfe. Auch der wirtschaftliche Erfolg soll tragfähig sein. «Es geht nicht um Stückzahlen – es geht zunächst um Image und den Aufbau einer Kunden-Community.» Nikjou sieht Lucid gar auf einer Mission, will die Prinzipien der Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft in der Autoindustrie auch über Kooperationen zum Standard machen.
Kundenservice persönlich statt virtuell
Das Wichtigste sei, jetzt schnell die ersten Autos in der Schweiz auf die Strasse zu bekommen. Überraschend: Lucid setzt voll auf persönliche Kundenansprache statt Online-Verkauf. Persönliche Assistenten sollen die Kundschaft begleiten, die Studios für Markenerlebnis sorgen. Und um Service und Wartung kümmern sich auch in der Schweiz Lucid-Stützpunkte in den grösseren Städten. «Mehr als nur eine Handvoll.»
Finanziell könne man das alles problemlos stemmen, betont der Lucid-Kommunikationschef. Es gäbe keinen Stichtag, an dem das Unternehmen schwarze Zahlen schreiben müsse – «irgendwann natürlich schon». Mehr noch als der Air dürfte dazu der geplante SUV Gravity beitragen. Mit gleicher Technik soll er 2024 starten.