Ineos Fusilier kommt auch mit Range Extender
Britische «G-Klasse» wird Elektro-Offroader

Mit dem Fusilier stellt der britische Hersteller Ineos um Milliardär Jim Ratcliffe einen Elektro-Offroader mit Range Extender vor. Bis das Modell auf den Markt kommt, das optisch stark an die Mercedes G-Klasse erinnert, dauert es aber noch.
Publiziert: 28.02.2024 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 07.03.2024 um 09:58 Uhr
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Der Ineos Grenadier sollte die Lücke füllen, die nach dem Produktionsstopp des Land Rover Defender 2015 entstanden ist. Seit 2022 ist der rustikale Offroader auf dem Markt – auch in der Schweiz.
Foto: Ineos
Andreas Engel und Denis Fried

Die Idee für den rustikalen Geländewagen Grenadier hatte Ineos-Gründer Jim Ratcliffe (71) im namensgebenden Grenadier Pub in London. Der britische Multimilliardär wollte damit die Marktlücke füllen, die nach dem Produktionsstopp des Land Rover Defender 2015 entstanden ist. Der Grenadier schaffte es tatsächlich, dem Ruf seines Vorbilds gerecht zu werden, und zeigte auch im Blick-Test, dass Ineos Automotive einen waschechten Offroader auf die fetten Räder gestellt hat.

Der Milliardär hinter Ineos

Multimilliardär Jim Ratcliffe (71) ist einer der reichsten Briten – ihm gehört der Chemie-Konzern Ineos. Weil der Geschäftsmann zudem begeisterter Abenteurer und Sportler ist, finanziert er auch die Fussballklubs Lausanne-Sport und OGC Nizza (F) sowie die erfolgreichen Rad- und America's-Cup-Segelteams Ineos. Nach zähen Verhandlungen mit Daimler wurden Ratcliffe und Ineos zusammen mit Mercedes und Teamchef Toto Wolff auch gleichberechtigte Partner des Mercedes-F1-Teams. Seit 2023 gehören dem Engländer zudem 25 Prozent des englischen Rekordmeisters Manchester United.

Abenteuerlustig und waschechter Brite – da erstaunt die Faszination Ratcliffes für den urchigen Land Rover Defender nicht. Seine Idee, den Defender als Ineos Grenadier mit moderner Technik neu aufleben zu lassen, fand Land Rover gar nicht lustig und bot bei der Umsetzung keine Hand. Doch Ratcliffe liess sich nicht mehr bremsen und entschied: Dann mach ichs halt allein. In einem Pub namens Grenadier fertigte er erste Skizzen «seiner» modernen Defender-Idee – und fand damit auch gleich die Modellbezeichnung. Land Rover war über Ratcliffes Tun «not amused», klagte aufgrund des sehr ähnlichen Designs, blitzte aber ab. Der technisch moderne Grenadier sei keine Defender-Kopie, urteilte das Gericht.

CHRIS RIEFENBERG

Multimilliardär Jim Ratcliffe (71) ist einer der reichsten Briten – ihm gehört der Chemie-Konzern Ineos. Weil der Geschäftsmann zudem begeisterter Abenteurer und Sportler ist, finanziert er auch die Fussballklubs Lausanne-Sport und OGC Nizza (F) sowie die erfolgreichen Rad- und America's-Cup-Segelteams Ineos. Nach zähen Verhandlungen mit Daimler wurden Ratcliffe und Ineos zusammen mit Mercedes und Teamchef Toto Wolff auch gleichberechtigte Partner des Mercedes-F1-Teams. Seit 2023 gehören dem Engländer zudem 25 Prozent des englischen Rekordmeisters Manchester United.

Abenteuerlustig und waschechter Brite – da erstaunt die Faszination Ratcliffes für den urchigen Land Rover Defender nicht. Seine Idee, den Defender als Ineos Grenadier mit moderner Technik neu aufleben zu lassen, fand Land Rover gar nicht lustig und bot bei der Umsetzung keine Hand. Doch Ratcliffe liess sich nicht mehr bremsen und entschied: Dann mach ichs halt allein. In einem Pub namens Grenadier fertigte er erste Skizzen «seiner» modernen Defender-Idee – und fand damit auch gleich die Modellbezeichnung. Land Rover war über Ratcliffes Tun «not amused», klagte aufgrund des sehr ähnlichen Designs, blitzte aber ab. Der technisch moderne Grenadier sei keine Defender-Kopie, urteilte das Gericht.

Das Grenadier Pub wurde nun umbenannt – zumindest für einen Tag: Vergangenen Freitag diente es als Schauplatz der Ankündigung des neuen Ineos-Modells Fusilier. Von einer veralteten Militärbezeichnung zur nächsten also – doch im neuen Offroader aus England steckt mehr als alte Technik. Der Fusilier wird im Gegensatz zum Grenadier auch rein elektrisch angeboten. Ratcliffe stellte, im jetzt passend benannten Fusilier Pub, zusammen mit Ineos-Designchef Toby Ecuyer Details des nächsten Offroaders vor. Die Moderation des Events übernahm dabei Top-Gear-Legende Richard Hammond (54). Auf die Frage, warum denn jetzt ein Elektrofahrzeug von Ineos komme, gibts eine klare Antwort des Milliardärs: «Wer im aktuellen Automobilmarkt in Europa überleben will, muss elektrische Optionen anbieten.»

Herstellung im G-Klasse-Werk

Interessant an der Optik des Fusilier ist, dass er eine frappante Ähnlichkeit mit der Mercedes G-Klasse aufweist. Das Gelände-Urgestein wird dieses Jahr ebenfalls als rein elektrischer EQG vorgestellt. Jim Ratcliffe macht aus der Verbindung der beiden Offroader kein Geheimnis und verkündete stolz, dass der Fusilier vom Automobilzulieferer Magna in Graz (A) gefertigt wird. Im selben Werk also, wo auch die G-Klasse vom Band rollt. Rückblick: Bereits vor dem Start des Grenadiers wurde Ineos von Land Rover wegen dessen Ähnlichkeit zum Defender verklagt. Der Entscheid fiel damals zugunsten von Ineos aus – ob Mercedes deshalb auf einen offenen Rechtsstreit verzichtet?

Zurück zum Fusilier: Der etwa 4,50 Meter lange und 2,7 Tonnen schwere Offroader wird auf einer modularen Skateboard-Plattform mit stählernem Aufbau und Unterboden sowie Verkleidungsblechen und Türen aus Aluminium aufbauen. Diese könnte später auch anderen Ineos-Modellen als Basis dienen. Die rund 100 Kilowattstunden fassenden Batterien von Samsung sollen Reichweiten um die 400 Kilometer ermöglichen. Insidern zufolge sollen die beiden E-Motoren auf eine Systemleistung von 517 PS (380 kW) kommen.

Auch mit Range Extender

Doch der Fusilier wird nicht nur als reiner Stromer kommen, sondern auch in einer Range-Extender-Version. Dieser Reichweitenverlängerer ist ein Verbrennungsmotor, der einspringt, um die Batterie zu unterstützen – angetrieben wird der Fusilier aber trotzdem nur von den E-Motoren. Die Gesamtreichweite soll mit dem Verbrenner auf bis zu 700 Kilometer steigen. Den Grund für die Range-Extender-Variante führt Ratcliffe mehrfach aus. Das grosse Problem von Elektroautos sei die Range Anxiety, die Angst, lange Distanzen nicht bewältigen zu können. Zudem sind Ladestationen oft schwer zu finden und mit Wartezeiten verbunden, was es schwerer macht, sich auf ein Elektrofahrzeug einzulassen. Mit dem Range Extender will Ineos diese Probleme lösen und, trotz unterstützendem Verbrenner, eine umweltfreundliche Option bieten.

Dabei kritisiert Ratcliffe auch die momentane EU-Politik, die Konsumenten zum Umstieg auf Elektrofahrzeuge zwingt. Aus seiner Sicht die falsche Herangehensweise. Vielmehr sollte sich Europa an den USA orientieren, wo dem Kunden die Wahl gelassen werde, welchen Antrieb er nutzt. Mit dem Stromer-Modell biete Ineos nun eine solche Wahl an, wenn auch widerwillig: «Wir müssen dieses Angebot haben, ob es uns gefällt oder nicht.»

Noch kein Wasserstoff

Bereits letztes Jahr stellte Ineos am Goodwood-Festival in Grossbritannien einen Prototyp des Grenadiers mit Wasserstoffantrieb vor. Im Vorfeld der Fusilier-Enthüllung erhärteten sich deshalb auch die Gerüchte, dass das neue Modell ebenfalls auf Wasserstoff setzen wird. Dass es jetzt nicht dazu kommt, hat seine Gründe. Ratcliffe erklärt, dass Wasserstoffantriebe definitiv ein Teil der Lösung sein werden, um Mobilität umweltfreundlich zu gestalten, momentan aber die Infrastruktur fehlt und weiter an der Technologie geforscht werden muss.

Es bleibt also offen, wann sich Fahrzeughersteller Ineos mit dem Wasserstoffantrieb konkreter auseinandersetzt. Ob mit Verbrenner, mit Wasserstoffantrieb oder rein elektrisch: Bei den Modellen solle die Freude am Autofahren zuvorderst stehen, so Ratcliffe. Aus diesem Grund setze Ineos auf weniger Assistenzsysteme und ein klassisches Design beim Interieur. Dort sollen wie auch beim Grenadier viele echte Tasten und Schalter vorhanden sein, die wichtige Funktionen bedienen. Laut Ratcliffe ist es einfach «mühsam, durch mehrere Menüs zu navigieren, um die Sitzheizung anzustellen».

Bis wir den neuen Fusilier in Aktion erleben dürfen, dauert es noch einige Zeit. Im Herbst sollen Informationen zum Benzinmotor des Range Extenders und der Markteinführung folgen. Ratcliffe verrät aber bereits, dass der Fusilier sehr wahrscheinlich erst Anfang oder Mitte 2027 erscheinen wird. Die Preise? Auch noch völlig offen. Ein Schnäppchen dürfte er nicht werden: Schon der Grenadier mit konventionellem Benziner startet erst bei über 80'000 Franken.

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