Der Verkehr ist die grösste Lärmquelle in der Schweiz. Über eine Million Einwohnerinnen und Einwohner sind an ihrem Wohnort von Verkehrslärm betroffen. Das ist jede achte Schweizerin. Dieser Lärm ist aber nicht nur unangenehm, sondern kann gesundheitsschädlich, im schlimmsten Fall gar tödlich sein.
Vor allem das Risiko eines Herzinfarkts ist durch Verkehrslärm massiv erhöht, wie verschiedene Studien des Schweizer Lärm-Forschers Martin Röösli zeigen. Er ist Umwelt-Epidemiologe am Schweizer Tropen- und Public-Health-Institut der Uni Basel. Im Rahmen eines Online-Vortrages des Verkehrsclubs der Schweiz VCS präsentierte er seine Erkenntnisse. Röösli fasst die Studien der letzten Jahre zusammen: «Wir wissen, dass kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes durch Lärm verursacht werden.»
Lärm geht ins Angstzentrum
Das Beunruhigende daran: Es spielt keine Rolle, ob wir uns durch den Lärm gestört fühlen oder nicht. Der Körper reagiert sowieso darauf. Der Grund: «Das Ohr schläft nie», erklärt Röösli. Und der Hörnerv führt direkt ins Zentralhirn und das Angstzentrum, die Amygdala. «Das war früher gut, um bei Gefahr aufzuwachen.»
Heute ist es aber schädlich für unsere Gesundheit. «Bei zu viel Lärm fühlt sich unser Körper ständig bedroht. Er geht in den Kampfmodus und als Reaktion steigen Puls und Blutdruck», sagt Röösli. Eine direkte Folge ist schlechter oder zu wenig Schlaf. «Dadurch werden wir gereizter und wer müde ist, ernährt sich schlechter und bewegt sich weniger.» Die Folge ist ein erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken. «Pro zehn Dezibel mehr Verkehrslärm steigt das Diabetes-Risiko um elf Prozent.»
Auch Depressionen können eine direkte Folge von Strassen- und Fluglärm sein, weil die Amygdala zum limbischen System gehört, das unsere Emotionen steuert. Dieser Teil des Hirns ist auch für Herzinfarkte verantwortlich, weiss Röösli. «Der Verkehrslärm führt zu einer erhöhten Aktivität der Amygdala, was arterielle Entzündungen und schliesslich gravierende kardiovaskuläre Ereignisse zur Folge hat.» Das Risiko daran zu sterben, steigt pro zehn Dezibel mehr Verkehrslärm um 2,9 Prozent an.
Tödlicher Fluglärm
Beim Fluglärm lassen sich die tödlichen Folgen besonders gut darstellen. In einer Studie hat das Tropeninstitut und weitere Organisationen wie die Empa tödliche Herzinfarkte im Umfeld des Flughafens Zürich von 2000 bis 2015 untersucht. «Der Fluglärm ist weniger vorhersehbar, weil der Flughafen je nach Wetterlage anders angeflogen wird und es je nach Wohnort Tage mit besonders viel oder besonders wenig Lärm geben kann.» Und weil für den Flughafen und zum Flugverkehr sehr viele Daten vorliegen, wussten die Forscher exakt, wie die Lärmsituation zum Todeszeitpunkt war.
Die Erkenntnisse sind erschütternd. «Bei einer nächtlichen Lärmbelastung durch Fluglärm von 45 bis 50 Dezibel steigt das Risiko eines tödlichen Herzinfarkts, um 33 Prozent», sagt Röösli. Dabei tritt der Infarkt innerhalb von zwei Stunden ein.
Kinder lernen schlechter
Noch schlimmer sind die Auswirkungen auf Kinder, die in der Nähe des Flughafens leben. Sie können weniger gut lesen und haben Lernprobleme, sagt Röösli. «Fluglärm hat etwa den gleichen Effekt auf das Lernverhalten, wie die Sprachbarriere und kulturelle Unterschiede bei Kindern mit Migrationshintergrund.» Der Forscher betont allerdings, dass sich das auf die Durchschnittswerte bezieht. Es gäbe selbstverständlich auch viele Migrationskinder mit sehr guten Schulnoten. Neben der schlechteren kognitiven Entwicklung lässt Verkehrslärm Kinder auch aggressiv werden.
Temporeduktion und andere Reifen
Um die Bevölkerung von den gesundheitsgefährdenden Folgen zu schützen, soll der Bund die Grenzwerte für die Lärmbelastung senken. Die aktuellen Werte stammen von 1987 und liegen deutlich über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Doch damals gab es die heutigen Erkenntnisse noch nicht. Die eidgenössische Kommission für Lärmbekämpfung, deren Mitglied Röösli ist, hat die neuen Grenzwerte erarbeitet. Sie gehen nicht so weit, wie die WHO, aber wären eine markante Verbesserung für einen Grossteil der Bevölkerung. Nun muss der Bundesrat entscheiden.
Um die Lärmbelastung zu senken, müsse der Lärm vor allem an der Quelle gestoppt werden. «Lärmschutzwände oder -Fenster dürfen nur eine Notlösung sein», sagt Röösli. Beim Strassenverkehr hat innerorts eine Temporeduktion den grössten Effekt. «Wenn die Autos mit 30 statt 50 km/h fahren, wirkt dies, als würde sich der Verkehr halbieren», rechnet Röösli vor (lesen Sie hier mehr zu Tempo 30 in der Schweiz).
Ausserorts hingegen sind die Reifenhersteller gefragt. «Bei den Pneus liegt viel Potenzial, denn bei gefahrenen Tempi über 50 km/h wird das Rollgeräusch am lautesten.» Sprich: Ob Elektro- oder Benzinauto macht keinen Unterschied.
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