Es sind alles andere als elektrisierende Hochgefühle, die Hersteller und Anbieter von Elektroautos derzeit erleben. Grund ist der plötzlich stockende Absatz neuer E-Autos. Selbst der bisher hochgelobte Klassenprimus Tesla tut sich schwer und muss jetzt erstmals seit vier Jahren wieder rückläufige Quartalsabsatzzahlen verkünden.
Das Minus von 8,5 Prozent in den ersten drei Verkaufsmonaten des aktuellen Jahres gegenüber der gleichen Periode 2023 ist für Tesla umso beunruhigender, weil man zuvor schon auf diversen Märkten mit laufenden Preissenkungen versuchte, auf die nachlassenden Verkäufe zu reagieren. Nach wie vor hält Tesla-Chef Elon Musk (52) aber nichts von flankierenden Marketingmassnahmen und dreht lieber laufend an der Preisschraube seiner Modelle. Musk spricht denn bewusst auch nicht von Preiskrieg, sondern lediglich von Preisanpassungen.
Diverse Unternehmen gefährdet
Fakt ist: Das ins Stottern geratene Geschäft mit den Elektroautos bringt viele Firmen in Schwierigkeiten. Eben ist der US-Hersteller Fisker in Schieflage geraten. Dem Unternehmen des dänischen Ex-BMW-Designers Henrik Fisker (60) fehlen die flüssigen Mittel, es droht das Aus. Weitere junge Hersteller wie Nio aus China oder Lucid aus Amerika sicherten sich ihren Fortbestand nur mit Geld durch externe Investoren aus Abu Dhabi beziehungsweise Saudi-Arabien. Auch Volvos Elektrotochter Polestar erhielt kürzlich nochmals 950 Millionen Dollar von externen Investoren, um nicht in finanzielle Nöte zu geraten.
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Die Verunsicherung in der Branche ist gross. Eine aktuelle Umfrage fürs deutsche Fachmagazin «Automobilwoche» zeigt, dass fast 80 Prozent der über 2500 Befragten aus der Autoindustrie wegen der schwachen Nachfrage und der immer stärkeren Konkurrenz bei Elektroautos glauben, dass es verstärkt zu Insolvenzen kommen wird. Nur sechs Prozent aller Befragten erwarten dagegen keine Pleitewelle. «Die meisten Menschen tendieren dazu, erst zu handeln, wenn ein klarer Trend erkennbar ist. Negative Schlagzeilen tragen sicherlich nicht zur Vertrauensbildung bei. Tesla ist bisher das einzige Unternehmen, das es geschafft hat, dieses Muster zu durchbrechen», kommen die Studienverantwortlichen zum Schluss.
Grosse Probleme bei den Zulieferern
Doch düster sind die Prognosen nicht nur für die vielen jungen E-Autohersteller, sondern auch für viele arrivierte Zulieferer wie zum Beispiel Bosch, Continental oder ZF. Sie reagieren aktuell mit Schliessungen und Massenentlassungen auf die verschärften Wettbewerbsbedingungen. Kein Wunder, die Schere zwischen den Autoherstellern und den Zulieferern wird auch immer grösser. Seit 2014 stieg der Umsatz der Zulieferer in Deutschland um 25 Prozent, während die Hersteller mehr als doppelt so stark, um 59 Prozent, zulegten, kommt eine Analyse der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft EY zum Schluss.
EY-Marktexperte Constantin Gall malt ein düsteres Bild: «Viele Zulieferer stehen mit dem Rücken zur Wand. Wer als Zulieferer zukunftsfähig sein will, muss massiv in neue Technologien investieren.» Weil aber die Elektromobilität nicht wunschgemäss in Fahrt kommt und die erwarteten und benötigten Stückzahlen bei weitem nicht erreicht werden, kostet dies die Branche aktuell viel Geld. Und so rechnen Experten wie Gall auch unter den Zulieferern mit einer weiteren Konsolidierung – sprich mit Sparprogrammen, Entlassungen und Schliessungen.