Exklusive Fahrt im neuen RS E-Tron GT
Fährt Audi jetzt Porsche davon?

Gut ein Jahr nach dem Porsche Taycan rollt der Audi RS E-Tron GT an den Start. Die Konzernbrüder teilen sich die Plattform, unterscheiden sich im Charakter aber ganz deutlich – wie die erste Fahrt in Audis Elektro-Limousine zeigt.
Publiziert: 07.11.2020 um 15:54 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2021 um 22:12 Uhr
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Als einer von nur wenigen Journalisten konnte Autoredaktor Wolfgang Gomoll den neuen Audi RS E-Tron GT auf der griechischen Insel Rhodos testen.
Foto: Tobias Sagmeister
Wolfgang Gomoll

Ob die Zuffenhausener und die Ingolstädter abends wohl ihr Bier zusammen trinken und sich über ihre neusten Technik-Wunderwerke austauschen? Oder beobachten Porsche- und Audi-Entwickler einander argwöhnisch? Schliesslich teilen sich der Porsche Taycan und der Audi E-Tron GT die Plattform und damit 40 Prozent der Teile. Kann man da VW-Konzern-interne Kannibalisierung echt verhindern, indem die baugleichen Fahrzeuge sich im Charakter unterscheiden?

Die Unterschiede beginnen bei der Leistung: Der RS E-Tron GT wird das stärkste Modell der E-Tron-GT-Baureihe und wuchtet 598 PS (440 kW) sowie 830 Nm auf den elektrischen Allradantrieb. Im Overboost-Modus sind es gar 646 PS (475 kW) von den E-Motoren an Vorder- und Hinterachse. Resultat: Von 0 auf Tempo 100 vergehen keine 3,5 Sekunden. Zum Vergleich: Der Porsche Taycan Turbo S spurtet mit 761 PS (560 kW) in 2,8 Sekunden über die 100-km/h-Schwelle.

Spagat aus Komfort und Sport

Die exklusive Prototypen-Fahrt zeigt, dass sich der Audi auch im Fahrverhalten vom Taycan unterscheidet. Der Zusatz GT signalisiert, dass der Audi den Spagat aus Komfort und Sportlichkeit schaffen soll. Hier hilft Technik: Als erster Audi ist der RS E-Tron GT mit Dreikammer-Luftfeder ausgestattet. Zusammen mit den adaptiven Dämpfern sind sehr feine Abstimmungen möglich, die die Bandbreite von komfortabel bis dynamisch abdecken. Auf klassische Wankstabilisierung haben die Audianer verzichtet – das erledigen die Federn und Dämpfer mit.

Im «Dynamic»-Modus surrt der E-Tron zehn Millimeter tiefer über den Asphalt als auf «Normal». Selbst dann ist das Fahrwerk nicht Bandscheiben-mordend straff, sondern lässt noch Komfort zu. Je nach Fahrprogramm untersteuert der elektrische RS mehr oder weniger. Geht man vom Gas, folgt er wieder brav dem Lenkeinschlag, unterstützt vom Sperrdiff an der Hinterachse, das dem GT eine erstaunliche Agilität verleiht, womit es unangestrengt schnell zu fahren ist.

Gewicht nicht kaschierbar

Eine Sache teilt der Ingolstädter aber mit seinem Bruder Taycan. Selbst der schnell reagierende Allradantrieb kann das Kampfgewicht von rund 2,3 Tonnen nicht gänzlich kaschieren. Treibt man den E-Tron mit sportlichen Ambitionen dynamisch um die Ecke, strebt der GT an den Fahrzeugrand, kündigt aber sein Vorhaben höflich an. Wie beim Taycan verfügt das Getriebe über zwei Gänge, wobei der erste nur im «Dynamic»-Modus oder bei Launch Control genutzt wird. Im «Efficiency»-Programm wird in der zweiten Fahrstufe angefahren, ausserdem senkt sich die Karosserie aus aerodynamischen Gründen 22 Millimeter ab, um den Luftwiderstand und Verbrauch zu reduzieren. Des Weiteren wird die Spitze auf 140 km/h reduziert, was durch den Kickdown übersteuert werden kann.

Platz eher mässig

Beim Thema Energierückgewinnung lautet das Motto: segeln statt rekuperieren. Deswegen gibts wie im Elektro-SUV E-Tron zwei Rekuperations-Modi, die aber deutlich weniger Energie in die über 90 kWh grosse Batterie schaufeln – diese dürfte für mehr als 400 E-Kilometer sorgen. Auch beim Platz gehts in dem viertürigen Coupé nicht ganz so geräumig zu wie im SUV, gerade hinten: Hier ist die Kopffreiheit des 4,96 Meter langen GT genauso begrenzt wie im Porsche. Jenseits einer Körpergrösse von 1,85 Meter wird es um den Kopf langsam eng.

Gross dürfte der RS E-Tron GT dafür beim Preis aufspielen: Offiziell ist zwar noch nichts, doch selbst der günstigste Taycan mit «nur» 530 PS startet bereits ab rund 129'000 Franken. Weniger wirds beim E-Tron GT bestimmt nicht sein.

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