Erste Fahrt im elektrischen Mercedes EQG
Die G-Klasse wird zum Karussell

Mercedes elektrisiert konsequent seine Modellpalette. Selbst die rustikale G-Klasse wird von der Elektrowelle nicht verschont. Wir fuhren einen Prototyp des Ende 2024 startenden, rein elektrischen Mercedes EQG.
Publiziert: 24.11.2022 um 15:38 Uhr
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Aktualisiert: 24.11.2022 um 16:08 Uhr
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Selbst das rustikale Mercedes G-Modell wird von der Elektrowelle nicht verschont.
Foto: ZVG.
Jürgen Wolff

Seit 1979 baut Mercedes die G-Klasse und verkaufte in über vier Jahrzehnten mehr als 450’000 Exemplare. Diese grosse Beliebtheit überrascht nicht. Gilt die robuste G-Klasse doch als Benchmark für komfortables Vorankommen auf der Strasse und im Gelände. Ende 2024 startet ein neues Zeitalter für den kantigen Offroader. Dann wird er als Mercedes EQG nur noch rein elektrisch angeboten.

Aktuell existieren erst einige von Hand gebaute und mit Folie getarnte Prototypen. Und obwohl es noch mehr als zwei Jahre dauert, bis die fertigen EQG an die Kunden ausgeliefert werden, durften wir auf einem Offroadgelände in der Nähe von Barcelona (Spanien) bereits im neuen Mercedes-Gelände-Stromer mitfahren.

Die Optik ändert sich kaum

Das Tarnkleid des Prototyps kann nicht kaschieren, dass sich an der legendären Form des urchigen Offroaders nicht viel ändern wird. Vermutlich gibts eine geschlossene Front statt des überflüssig gewordenen Kühlergrills sowie dezent überarbeitete Scheinwerfer. Ähnliches gilt für den Innenraum. Das bei unserer Mitfahrt weitgehend abgedeckte Armaturenbrett des Prototyps scheint jedenfalls ähnlich geradlinig zu verlaufen wie bei der aktuellen G-Klasse.

So weit, so gut, werden sich die G–Freunde freuen. Doch unter der Fronthaube gibts keinen Verbrennungsmotor mehr. Da böte sich somit Platz für zusätzlichen Stauraum. Doch die Mercedes-Ingenieure verbauen dort lieber die Elektronik und elektrische Leitungen. Mit der Begründung, dass eine so hohe Ladekante eh niemandem zuzumuten sei.

Dank E-Antrieb noch geländetauglicher

Aber rein elektrisch im Gelände unterwegs – passt das? Bei unserer Prototypen-Fahrt wird schnell klar, das passt sogar wunderbar! Denn Stromer sind vom Prinzip her ideal konzipiert für ruppige Offroad-Einsätze. Das fängt mit den Lithium-Ionen-Akkus an. Die sind beim EQG in den robusten Leiterrahmen aus bis zu 3,4 Millimeter dickem Stahl integriert und machen die Karosserie nicht nur nochmals deutlich verwindungssteifer, sondern sorgen auch für einen niedrigeren Schwerpunkt. Selbst bei extremen Neigungswinkeln bleibt die G-Klasse so stets sicher am Boden.

Um die aus dem Konzernregal stammenden und auch in anderen Mercedes-Modellen verbauten Akkus zu schützen, entwickelte Mercedes speziell robuste Unterboden-Abdeckungen aus einem extrem widerstandsfähigen Material. Beeindruckend: Obwohl wir mit unserem Prototyp auf dem spanischen Geländeparcours bestimmt ein halbes Dutzend Mal hart auf Fels und Stein aufsetzten, überstanden Akkus und Unterboden diese Tortur unbeschadet.

Bis zu 100 Prozent Steigfähigkeit

Im Gelände hilft zudem, dass sich die vier einzeln ansteuerbaren Elektromotoren nahe den Rädern befinden. So lässt sich der Schlupf ganz fein und individuell elektronisch je nach Untergrund austarieren. Dazu kommt, dass das Drehmoment – typisch bei Elektroautos – ab der ersten Umdrehung zur Verfügung steht.

Wie viel Kraft die Motoren und ihre Akkus leisten, will man uns in diesem frühen Entwicklungsstadium nicht verraten. Auch zur Reichweite oder den Fahrleistungen dürfen die Mercedes-Techniker nichts sagen. Es imponiert uns aber schon, wie der EQG selbst extrem steile und rutschige Steigungen empor kraxelt. Die Steigfähigkeit soll, dank der elektronisch simulierten und zuschaltbaren Geländeuntersetzung «Low Range Mode» bis zu 100 Prozent betragen.

Drehen an Ort und Stelle möglich

Als kleiner, aber gern genommener Nebeneffekt sorgen die vier Motoren an jedem Rad für eine deutlich präzisere und engere Kurvenfahrt. Da jedes Rad unabhängig ansteuerbar ist, lässt sich seine Umdrehung mit zur Lenkung nutzen. Beim Prototypen funktioniert das gar so gut, dass er sich ähnlich wie ein Panzer auf der Stelle drehen kann – während sich zwei Räder vorwärts drehen, bewegen sich die anderen zwei gleichzeitig in die andere Richtung. So reduziert sich der Wendekreis auf die Fahrzeuglänge. Ein Druck auf den entsprechenden Knopf am Lenkrad – und über die Paddel am Lenkrad lässt sich dirigieren, in welche Richtung die Karussellfahrt geht und wie lang.

Aktuell funktioniert dies allerdings erst im Gelände und auf sandigem Untergrund. «Auf Asphalt sind die Kräfte zu stark, die auf Reifen und Mechanik einwirken», verrät uns ein Techniker. Bleibt also abzuwarten, ob diese «Karussell-Funktion» ab Ende 2024 auch in der Serienversion verbaut sein wird.

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