Spätestens die Corona-Pandemie mit ihren Beschränkungen für Auslandsreise machte die Schweiz zum Camping-Land. Vor allem die praktischen Camper – kleine Transporter, die man auch im Alltag nutzen kann – legten massiv zu: Um 26 Prozent zwischen 2019 und 2020 und um nochmals 26,4 Prozent von 2020 auf 2021. Im letzten Jahr wurden so 7588 neue Camper ausgeliefert. Ein massiver Zuwachs, den man in den vergangenen Jahren an vollen Campingplätzen ablesen konnte.
Während Kreuzfahrten und Flugreisen schon länger in der Kritik von Umweltschützern stehen, blieb die Campingszene aber bislang davon unbehelligt. Trotzdem wird auch hier mit neuen Ansätzen versucht, Wohnmobile umweltfreundlicher zu machen. Drei Trends zeichnen sich dabei ab:
1. Elektrifizierung
Noch hinken Busse und Transporter bei Hybridisierung und Elektrifizierung den PW hinterher. Doch die ersten Hersteller stromern allmählich auf den Markt: So bietet die Schweizer Firma Sortimo den neuen Mercedes EQV als Campingvan mit Aufstelldach, Schlafeinheit und Küchenmodul an. Auch Citroëns e-Spacetourer wird von Vermietern als Reisemobil angeboten. Der grössere Bruder e-Jumper und der baugleiche e-Traveller von Peugeot sind als Basis ebenfalls schon auf dem Markt. Und Iridium bietet auf Basis des Fiat Ducato bereits ein elektrisches Reisemobil an. Zudem kommen mit Ford E-Transit, Mercedes E-Sprinter und VW ID. Buzz bald weitere wichtige Camper-Basisfahrzeuge zu uns.
Wer sich nicht gleich einen komplett neuen Elektro-Camper leisten will, für den bietet die deutsche Firma Flowcamper eine Alternative. Sie rüstet VW-Busse der fünften und sechsten Generation auf Elektroantrieb um, wenn der Kunde das Fahrzeug anliefert. Technisch ist der Umbau einfach: Der Verbrenner fliegt raus, Getriebe und Kupplung bleiben. Nachteil: Nur Fahrzeuge mit Frontantrieb können umgerüstet werden, die Allradmodelle sind ausgeschlossen. Die nach dem Umbau als Frieda Volt bezeichneten Modelle werden mit einem 72-Kilowattstunden-Akku ausgerüstet, der für gut 300 Praxis-Kilometer reichen soll und auch die Versorgung der Standheizung übernimmt.
Allerdings haben die Umbauten zwei Mankos: Die Frieda-Volt-Modelle kommen mit einem 96-Volt-System – moderne E-Autos arbeiten meist mit 400 oder gar 800 Volt. Erst dann ist die Nutzung von Schnellladern möglich, die binnen einer halben Stunde die Akkus wieder auf 80 Prozent vollladen. Ein Frieda-Volt kann dagegen mit maximal 22 kW zapfen – die Vollladung dauert so mindestens dreieinhalb Stunden. Immerhin können die Akkus über die bordeigene Solaranlage nachgeladen werden. An einem sonnigen Tag kommen rund 30 Kilometer dazu. Zweites Manko: die Kosten. Vor allem wegen der hohen Akkupreise summiert sich der Umbau auf fast 50'000 Franken.
2. Nachhaltige Materialien
Es muss nicht immer Plastik sein – auf diesen Trend setzt unter anderem die Freiraum Mobile aus Bochum (D). Jüngster Beleg dafür ist ein ausgebauter Crafter, der nicht nur wegen seiner Abmessungen im Inneren eine Lounge-Atmosphäre vermittelt. Dafür sorgt der Materialmix aus Kork für den Boden, Holz für den Innenausbau, Filz für die Verkleidung sowie Hanf und Jute für die Isolation.
Das hat auch praktische Vorteile: «Eine herkömmliche Dämmung des Dachs sorgt bei Regen für ein Prasseln, das einem bald auf die Nerven geht. Unsere Wollmischung absorbiert den Schall, sodass es innen deutlich leiser ist», sagt Freiraum-Mitinhaber Frank Hammermeister.
Auch beim Temperaturausgleich helfen Dämm-Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen, weil sie sich an die Form von Dach, Wänden und Boden anpassen. Selbst die Wand zur Fahrerkabine wird isoliert, um die Kältebrücke der grossen Scheiben zur schliessen. So hat der Camper in Herbst und Winter einen deutlich geringeren Energiebedarf.
3. Mobile Campingboxen
Campingfans kennen das Problem: Entweder man hat neben dem Wohnmobil noch einen PW für den Alltag – wobei der Camper die meiste Zeit des Jahres nutzlos herumsteht. Oder man nutzt seinen Camper auch ausserhalb der Ferien. Dann schleppt man aber Küche, Bett und Co. mit herum. Das erhöht Gewicht und damit den Verbrauch.
Eine Lösung: die Campingbox von Ququq aus Hattingen (D). Sie kostet ab 2500 Franken und ist für diverse Klassen und Fahrzeuge erhältlich – vom kompakten Hochdachkombi à la VW Caddy bis zum geräumigen Transporter. Die Box wird zu zweit ins Auto gehoben und ist mit wenigen Handgriffen aufgebaut. Ihr ausklappbares Doppelbett mit 1,95 Metern Länge ruht auf ausziehbaren Stützen oder per Gummipuffern auf den umgelegten Sitzen. Dazu gibts eine komplette Heckküche, einschliesslich Wasserversorgung. Für Alltag wird die Box einfach ausgebaut.
Gleiche Idee, aber extremere Umsetzung von PlugVan aus Berlin. Deren Wohnbox kostet je nach Ausstattung zwischen 13'500 und 16'600 Franken und wird in einen leeren Transporter (Fiat Ducato, Mercedes Sprinter oder VW Crafter) geschoben. Dank grossem Panorama-Heckfenster kann mit offenen Hecktüren gecampt werden – entsprechend viel Licht fällt ins Innere. Auf Wunsch gibts auch ein Badmodul mit Dusche und Toilette geordert werden – Platz bieten die Transporter dafür genügend.
Firmenchef Florian Fey erklärt die Idee: «Viele unserer Kunden nutzen die Fahrzeuge gewerblich – als Handwerker oder im Logistikgeschäft. Mit dem Wohnmodul verwandeln sie die Transporter in einen Camper für zwei Personen – kurzfristig für einen Festivalbesuch oder auch für längere Urlaube.» Es gäbe gar Kunden, die gar keinen Transporter besitzen würden und sich dennoch ihr persönliches Wohnmobil-Modul zulegen. Das Auto wird dann kurzerhand im Bekanntenkreis oder beim Vermieter geliehen.