Nun ist Joe Biden (78) aller Gegenwehr von Donald Trump (74) zum Trotz also US-Präsident. In der Autobranche wirft das die Frage auf, wie es ihr ergehen wird. Besser oder schlechter als unter Trump, der sich so gerne seiner Wirtschaftspolitik gerühmt hat?
Einen Hinweis geben bereits die Privatfuhrparks. Erst als Politiker rief Trump «America first!» und verteufelte Importe. Zuvor fuhr er nur solche: Viele Rolls-Royce sind verbürgt, auch Mercedes. Nur je ein Cadillac und Tesla Roadster waren dazwischen. Joe Biden sagt «Buy American!» – und fuhr schon immer so: Der Sohn eines Autohändlers hatte vor vielen Jahren mal einen Mercedes und sonst nur US-Autos, zuletzt Cadillac und Jeep. Biden liebt seine 1967er Chevrolet Corvette (darf aber künftig nur die gepanzerten Cadillacs des Secret Service nutzen) – und gilt im Gegensatz zu Trump als echter «Petrolhead».
Der Streit mit China
Von den Republikanern als Wirtschaftsfeind gescholten, dürfte Biden aber nicht deshalb der bessere Auto-Präsident sein. Er kann darauf pochen, schon als Vize unter Barack Obama (59) mit Milliardenhilfen zwei der drei Grossen aus Detroit – Fiat-Chrysler (FCA), Ford, General Motors (GM) – gerettet und die Bedeutung der Autoindustrie stets betont zu haben. Unter Trump war die Zahl Autojobs bis Corona gewachsen – aber nur genau so stark wie unter Obama. Trumps Abkommen mit Mexico, wo viele Autos für die USA gebaut werden, hat zwar US-Jobs erhalten – darum dürfte Biden es beibehalten. Doch anderen Abkommen wird Biden wieder beitreten. Denn deren Kündigung hatte Autojobs vernichtet, etwa durch schlechteren Marktzugang oder den verteuerten Stahl.
China? Politexperten glauben, dass der Demokrat ohne publikumswirksame Schimpftiraden, aber in der Sache eher noch härter verhandeln wird, um US-Jobs zu sichern. Er hat eine Strafsteuer im Sinn, falls US-Marken Produkte in China herstellen und in die USA holen. Dass dem Business nichts so schadet wie kurzsichtige Twitter-Politik, hatte sein Vorgänger bewiesen: Unter Trump ist der Export von gen USA gebauten Autos nach China massiv eingebrochen.
Beispiel X5: Den baut BMW für die Welt in den USA. Trump erliess Strafzölle gegen China, China Gegenzölle. Die machten den X5 auf dem wichtigsten Markt China so teuer, dass der Absatz einbrach – zum Schaden des US-Werks. BMW soll gar überlegt haben, die Produktion nach China zu zügeln, fürchtete aber Gerüchten zufolge Trumps Rache und behalf sich dann mit Bausätzen, die nach Thailand verschifft und zollsparend erst dort endmontiert wurden. Unter Biden sind solche kurzsichtigen Störmanöver ziemlich sicher nie zu erwarten.
«Weiter so» macht faul
Zurücknehmen wird Biden auch die Schwächung der Zielvorgaben für die CO2-Ausstoss-Senkung. Trump hatte sie von 3,5 auf 1,5 Prozent pro Jahr gemildert. Damals protestierte sogar Ford. Warum? Weil die US-Autobauer längst ihre Milliardenprogramme für E-Mobilität haben. «Weiter so!» bringt kurzfristig Geld und Jobs, bedroht langfristig jedoch ihre Konkurrenzfähigkeit. Ein Beispiel: Das Land der Pick-ups sperrt seit 1963 Import-Pick-ups mit 25 Prozent Strafzoll aus. Deshalb sind Pick-ups für US-Hersteller Gelddruckmaschinen, aber global auf dem Abstellgleis: Weil Konkurrenz fehlte, wuchsen sie viel zu ungehemmt.
Biden setzt auf Elektro
Biden will die Abgas-Grenzwerte wieder auf das Obama-Niveau heben, und auch der tiefe Spritpreis (52 Rp./Liter) könnte mit weniger Fracking Geschichte sein. Ja, das kostet erst mal Geld und Jobs. Langfristig soll die Verkehrswende, in die Biden massiv investieren will, aber eine Million Jobs in der Autoindustrie schaffen. Zu 88'000 Ladesäulen sollen bis 2030 weitere 500'000 kommen. Auch verstärkte staatliche Kaufförderungen für Elektroautos dürften die Verkäufe ankurbeln – wenns Autos aus den USA sind, worauf Biden Wert legt.
Sogar die Autoarbeiter-Gewerkschaft UAW unterstützt den Ansatz, der weiter in die Zukunft blickt. Und selbst Bidens Steuerpolitik dürfte der Branche helfen: Zwar freuten sich Autobauer unter Trump über tiefere Unternehmenssteuern. Aber statt wie der vermeintliche Kleine-Bürger-Präsident Reiche zu entlasten, die ja eher Importautos kaufen, dürfte Biden wohl US-Durchschnittsverdienern unter die Arme greifen – und die kaufen eher in den USA gebaute Autos.
Und wir Europäer?
Und die Europäer, also allen voran die Deutschen, für die der zweitgrösste Automarkt der Erde hinter dem Automarkt China besonders wichtig ist? Auch sie profitieren von Biden. Nichts schadet ihnen mehr als Angst vor Strafzöllen und Unklarheit über den US-Kurs. Europa-Freund Biden wird partnerschaftlich agieren und indirekt sogar Arbeitsplätze bei uns sichern: Gehts deutschen Herstellern im US-Geschäft gut, profitieren auch die Schweizer Zulieferer.