Breitensport bald unmöglich?
Elektromobilität bodigt den Motorsport

Nach anfänglichen Problemen schaltet die Autowelt schneller als von vielen erwartet auf Elektroantrieb um. Was für Private im Alltag einigermassen gut funktioniert, stellt den Motorsport und vor allem die Amateure vor grosse Herausforderungen.
Publiziert: 26.06.2022 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 26.06.2022 um 11:08 Uhr
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Kürzlich fanden die 24-Stundenrennen am Nürburgring ...
Foto: Zvg
Stefan Grundhoff und Raoul Schwinnen

Kürzlich fanden mit den 24-Stundenrennen am Nürburgring und in Le Mans sowie den 500 Meilen von Daytona drei der grössten Motorsportveranstaltungen der Welt fast gleichzeitig statt. Dazu starten auch die Formel-1-Piloten inzwischen fast im Wochentakt irgendwo auf diesem Globus zu einem Rennen. Also alles wie immer?

Nicht ganz. Die grossen Veränderungen bei den Fahrzeugantrieben gehen auch an den Rennserien nicht spurlos vorbei. Egal ob Formel 1, Rallye-WM, Langstrecken- oder Tourenwagensport: Gehts um Höchstgeschwindigkeit und lange Distanzen, siehts für den Elektroantrieb aktuell schlecht aus.

Formel E gescheitert

Vor einigen Jahren wurde zwar die Formel E aus der Taufe gehoben. Nachdem viele Tophersteller mit ihren elektrischen Monoposti zu Beginn dort auch präsent waren, kam die Ernüchterung aber schneller als erwartet. Von den meisten Rennsportfans wird die Formel E ebenso wie die verwandte Offroad-Serie Extreme E als reiner Marketing-Event ohne sportlichen Wert wahrgenommen. Das Publikumsinteresse ist in den meisten Ländern winzig, die Marktrelevanz kaum spürbar, und der erwünschte Imagetransfer bleibt aus. Und so strichen viele Marken ihr millionenschweres Engagement bereits wieder.

Doch wohin gehts in ein paar Jahren mit dem Motorsport? Die Le-Mans-Serie bemüht sich ab 2023 um eine neue Klasse von Hybrid-Superautos. Geringe Elektrifizierungen gibts seit Jahren in der Formel 1 oder der Le-Mans-Prototypenliga. Doch der Breitensport schaut in die Röhre. Und so besteht die Gefahr, dass eine populäre Grossveranstaltung wie das 24-Stundenrennen am Nürburgring in ein paar Jahren zu einem reinen Event für historische oder einfach nur alte Rennwagen verkommt. Schon jetzt fahren einige Top-Hersteller ihre Engagements spürbar zurück. Grund: Vielen passen die laut bollernd im Kreis herumfahrenden Rennboliden nicht mehr ins neue Saubermann-Image.

Profitables Geschäft fällt weg

Dabei geht aber gern vergessen, dass für einige Autohersteller der Bau und Verkauf von Rennwagen durchaus ein profitables Geschäftsfeld ist. Marken wie Mercedes-AMG oder Porsche lassen sich ihre hochgerüsteten Hightech-Sportler von internationalen Rennteams gut bezahlen – nicht zu vergessen all die Ersatzteile, die nach jedem Rennwochenende gefragt sind. So ist der in diesem Jahr auslaufende und über 220-mal gebaute Mercedes-AMG GT3 nicht nur auf der Piste einer der erfolgreichsten Tourenwagen weltweit, sondern auch für die AMG-Finanzbuchhalter. Ähnlich verhält es sich bei Porsche mit dem 911 GT3, bei Audi mit dem R8 LMS oder mit den GT-3-Rennwagen von Aston Martin und Lamborghini.

Gibts im Rennsport Alternativen zum Batterie-E-Antrieb?

Wie sieht es mit der Elektromobilität abseits befestigter Rennpisten aus? In Nord- und Südeuropa oder auch in Südamerika ist der Rallyesport äusserst beliebt. Und auch die Abenteuer-Marathonrallye Dakar ist zu Beginn jedes Jahres ein grosses Thema in der Öffentlichkeit. Gerade dort versucht Audi derzeit einen schwierigen Spagat mit seinem RS Q E-Tron, dem Elektro-Buggy. Der wird zwar per E-Motor mit Akkupaket angetrieben. Die Batterie wird aber von einem aus der Versenkung geholten DTM-Benzin-Rennmotor als Reichweitenverlängerer gespeist. Das könnte Schule machen – wenngleich nur abseits der Rundstrecken. Kaum eine Chance räumen Fachleute dagegen der Brennstoffzelle im Rennsport ein. Obwohl Hersteller wie Toyota oder Honda immer wieder neue Versuche unternehmen, die Wasserstofftechnik rennsporttauglich zu machen.

Für die Dakar-Rallye wagt Audi mit dem RS Q E-Tron einen interessanten Spagat.
Zvg

Wie sieht es mit der Elektromobilität abseits befestigter Rennpisten aus? In Nord- und Südeuropa oder auch in Südamerika ist der Rallyesport äusserst beliebt. Und auch die Abenteuer-Marathonrallye Dakar ist zu Beginn jedes Jahres ein grosses Thema in der Öffentlichkeit. Gerade dort versucht Audi derzeit einen schwierigen Spagat mit seinem RS Q E-Tron, dem Elektro-Buggy. Der wird zwar per E-Motor mit Akkupaket angetrieben. Die Batterie wird aber von einem aus der Versenkung geholten DTM-Benzin-Rennmotor als Reichweitenverlängerer gespeist. Das könnte Schule machen – wenngleich nur abseits der Rundstrecken. Kaum eine Chance räumen Fachleute dagegen der Brennstoffzelle im Rennsport ein. Obwohl Hersteller wie Toyota oder Honda immer wieder neue Versuche unternehmen, die Wasserstofftechnik rennsporttauglich zu machen.

Die meisten Fachleute sind sich einig, dass es spannende Rundstreckenrennen wie die F1, Indycar/Nascar sowie Mittel- oder Langstreckenrennen wie die Le-Mans-Serie, aber auch Tourenwagenpokale kurzfristig rein elektrisch nicht geben wird. Dazu verlieren die Akkus unter Volllast zu schnell ihre Leistung, und das Nachladen dauert zu lang. Natürlich wäre denkbar, die Akkupakete wie bei einem Reifenwechsel auszutauschen oder bei kürzeren Rennen mittels schnellem Boost nachzuladen – am besten für die Motorsportfans an der Strecke und am TV perfekt inszeniert. Für professionelle Meisterschaften und ihre Teams könnte das zumindest mittelfristig machbar sein.

Anders sieht es dagegen für den Breiten- und Amateursport aus. Hier besteht die Gefahr, dass ihre Rennen ab Anfang 2030 zu reinen «Oldtimer»-Events verkommen. Die Elektromobilität als Totengräber der populären Amateur-Rennserien auf der Rundstrecke? Es sieht mittelfristig derzeit leider ganz danach aus.

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