Auch alte Sensorik muss zuverlässig funktionieren
Müssen unsere Autos bald zum Sehtest?

Motoren und Getriebe bleiben nur fit und funktionsfähig, wenn sie regelmässig gewartet werden. Aber was ist mit den Kameras und Sensoren im Auto, wenn sie altern? Miriam Elser von der Empa will Autos zum Sehtest schicken.
Publiziert: 01.01.2022 um 18:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.01.2022 um 20:10 Uhr
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Müssen unsere Autos bald zum Sehtest? Bei der Empa wird an der Zuverlässigkeit von Auto-Sensoren geforscht.
Foto: Beat Geyer
Andreas Faust

Kaum ein Auto in der Schweiz dürfte weniger Auslauf bekommen als dieser Lexus RX 450h. Der Hybrid-SUV darf nur kleine Runden drehen – immer wieder über die 180 Meter auf dem abgesperrten Hinterhof auf dem Gelände der Empa. Alles, was er sieht, sind grauer Beton, Abfallmulden und ein paar Dummy-Puppen.

Er «sieht»? Ja, buchstäblich: Über eine Kamera in der Frontscheibe, Lidar-Lasersensoren und Radar kann sich der Lexus ein dreidimensionales Bild der Umgebung machen und sich in seiner kleinen Welt selbstfahrend orientieren.

Sensorik muss zuverlässig sein

Solche Autos ohne Lenkrad und Pedalen, in denen wir unterwegs schlafen, Filme streamen oder lesen, werden wohl erst in 15 bis 20 Jahren tatsächlich auf den Strassen unterwegs sein. Doch wird mit Hochdruck an der nötigen Technologie geforscht. Techgiganten wie Google oder Apple, kleine Start-ups sowie alle Autohersteller sind dran – und in der Schweiz die Empa in Dübendorf ZH.

Neben der nötigen künstlichen Intelligenz, die so trainiert werden muss, dass sie ein Auto selbsttätig sicher steuern kann, benötigen autonome Autos Sensoren: Kameras, Radar und Lasersensoren. Die beiden ersteren gibts heute in den allermeisten Autos für bereits verfügbare Assistenzsysteme wie Spurhalter, adaptive Tempomaten oder Parksensoren. Noch unterstützen sie nur, aber in vollautonomen Fahrzeugen kommt es voll auf ihre Zuverlässigkeit an. Und zwar auch noch, wenn sie schon einige hundertausend Kilometer auf dem Buckel haben.

Sehtests für Menschen – und Autos

Miriam Elser (32) ist Leiterin Fahrzeugsysteme bei der Empa und forscht an Testverfahren, um die Zuverlässigkeit von Sensorik zu beurteilen: «Wir untersuchen, wie diese Sensoren bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen arbeiten, welche Daten sie sammeln und wann sie Fehler machen oder gar ausfallen.» Wer heute den Führerausweis macht oder als Berufschauffeurin arbeiten will, muss einen Sehtest bestehen. «Wir wollen einen Sehtest für autonome Fahrzeuge entwickeln, damit man ihnen auch dann noch trauen kann, wenn sie schon mehrere Jahre alt sind», sagt Elser.

Hinzu kommt, dass die Sensoren auch bei trübem Wetter und Niederschlag zuverlässig sein müssen. Mancher Radartempomat in heutigen Autos steigt aus, sobald beispielsweise der Regen zu stark wird. Das aber darf bei autonomen Fahrzeugen nicht passieren. Doch bloss rund 0,2 Prozent der wissenschaftlichen Studien zu selbstfahrenden Autos beschäftigen sich bislang mit diesem Problem.

Keine Zulassung ohne Sicherheit

Dabei ist dessen Klärung entscheidend für die künftige Zulassung autonomer Autos in der Schweiz durch das Bundesamt für Strassen (Astra). Ähnlich wie heute bei der Motorfahrzeugkontrolle (MFK) die Verkehrstüchtigkeit geprüft wird, soll der Sehtest für Kameras und Sensoren deren Funktionsfähigkeit prüfen.

Dazu lässt Elser den Empa-Lexus immer wieder Runden drehen. Während sie und ihr Team die Sehkraft und Urteilsfähigkeit des Autos unter realen Bedingungen testen, analysiert das Eidgenössische Institut für Metrologie (Metas) die gleichen Sensoren in Laborumgebung. Dabei stehen beide Institute quasi im Wettbewerb mit Forschern in der Industrie: Sobald diese ihre autonomen Fahrzeuge als serienreif und zulassungsfähig deklarieren, müssen auch die Prüfmethoden für die Technik parat sein. Wie kommt die Empa überhaupt an ein selbstfahrendes Auto? Für Forschungs- und Entwicklungszwecke gibts dazu schon Nachrüst-Sätze mit Sensorik und Steuerung. Aber natürlich nicht für die öffentlichen Strassen: Denn noch ist vollautonomes Fahren in der Schweiz gar nicht erlaubt.


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