Wir wollen die Kontrolle behalten
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Vertrauen wir dem Roboterauto?
Wir wollen die Kontrolle behalten

Damit autonome Autos den Durchbruch schaffen, braucht es nicht nur funktionierende Technik und die rechtlichen Rahmenbedingungen. Wir müssen den Roboterautos auch vertrauen können. Wie lässt sich dieses Vertrauen aufbauen?
Publiziert: 04.03.2021 um 11:05 Uhr
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Aktualisiert: 05.03.2021 um 12:36 Uhr
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Heute ist die Kommunikation mit dem Auto sehr einseitig. Wir sagen mit dem Lenkrad, wo es lang geht.
Foto: Bärtschi Media
Martin A. Bartholdi

Wir steigen bedenkenlos zu einem Freund ins Auto und lassen ihn fahren. Sogar an völlig Fremde geben wir die Kontrolle kurzzeitig bereitwillig ab, wenn wir in ein Taxi oder einen Bus einsteigen. Nur bei autonomen Autos kommt das für viele noch nicht infrage. Sie zweifeln an der Sicherheit und vertrauen der Technik nicht. Wie lässt sich das ändern? Einerseits durch Gewöhnung und durch eine gute Kommunikation.

Heute ist die Kommunikation zwischen Auto und Fahrer recht einseitig, weiss der Verkehrspsychologe und Sprecher der Schweizer Vereinigung für Verkehrspsychologie, Uwe Ewert (61). «Wir sagen dem Auto über Lenkrad und Pedale, wo es lang geht.» Aber schon heute entwickelt sich diese Kommunikation durch intelligente Sprachassistenten wie «Hey Mercedes!» oder «Hey BMW!» weiter.

Wird K.I.T.T. real?

Der chinesische Hersteller Nio hat seinem System sogar eine Form und einen Namen gegeben. Nomi ist eine Kugel mit Emoji-Gesicht und dient der Interaktion mit dem Auto, ganz ähnlich dem Computer-Auto K.I.T.T. aus der TV-Serie «Knight Rider». In Zukunft dürfte es ganz normal sein, dass wir uns so mit unserem Auto unterhalten wie David Hasselhoff im Fernsehen. Dabei dient der Name nicht nur als Aktivierungswort wie heute bei Alexa und Siri, sondern schafft auch Vertrauen, weil wir eine Beziehung zum Auto aufbauen.

Wir gewöhnen uns daran

Eine Gewöhnung ans autonome Fahren brauche Zeit: «Wenn wir dem Auto die Kontrolle geben, haben wir zu Beginn noch Zweifel, ob es funktioniert und sind sehr aufmerksam», sagt Ewert. «Wenn wir aber stundenlang ohne Probleme fahren, gewöhnen wir uns an das System und vertrauen ihm zunehmend mehr.» Bei komplett autonomen Autos auf Level 5 ist das notwendig, damit wir das Fahrzeug entspannt nutzen können.

Uwe Ewert

Der Verkehrspsychologe ist 1959 in Hannover (D) geboren. Nach einem Studium der Psychologie in Freiburg (D) kommt er für seine Doktorarbeit in die Schweiz. Diese schreibt er zur Verkehrspsychologie an der Universität Fribourg. Von 1993 bis 2018 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Beratungsstelle für Unfallverhütung in Bern tätig. Aktuell ist er im Vorstand der Schweizerischen Vereinigung für Verkehrspsychologie.

Der Verkehrspsychologe ist 1959 in Hannover (D) geboren. Nach einem Studium der Psychologie in Freiburg (D) kommt er für seine Doktorarbeit in die Schweiz. Diese schreibt er zur Verkehrspsychologie an der Universität Fribourg. Von 1993 bis 2018 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Beratungsstelle für Unfallverhütung in Bern tätig. Aktuell ist er im Vorstand der Schweizerischen Vereinigung für Verkehrspsychologie.

Aber auf den Zwischenstufen dahin, wenn wir noch die Verantwortung tragen und die Aktionen des Autos überwachen müssen, kann uns Gewöhnung in trügerische Sicherheit wiegen. «Es fällt uns leichter lange konzentriert zu bleiben, wenn wir selber fahren, als wenn wir das Auto beim Fahren überwachen müssen», so Ewert. Gerade in dieser Übergangsphase bedeuten Fehler des Systems Rückschläge, insbesondere wenn sie zu Unfällen führen. «Das erschüttert unser Vertrauen und wir fahren dann lieber wieder selber.» Deshalb könnte die erste Generation autonomer Autos der Stufe 5 noch Lenkrad und Pedale haben, um uns das Gefühl zu geben, wir könnten noch eingreifen. Doch eigentlich wissen wir, dass die Behörden diese Technik erst generell zulassen, wenn sie sich als sicher erwiesen hat.

Wer vertraut der Technik mehr?

Trotzdem werden nicht alle Menschen den autonomen Autos gleich leicht vertrauen. «Studien zeigen, dass Männer der Technik eher vertrauen als Frauen», sagt Ewert. Dazu haben auch Alter und Bildung einen Einfluss. So stehen Jüngere der Technik eher offener gegenüber, ebenso Ältere, die dadurch ihre Unabhängigkeit erhalten können. «Menschen mit höherem Bildungsgrad vertrauen autonomen Autos ebenfalls eher, weil sie die technischen und rechtlichen Mechanismen dahinter besser verstehen», erklärt Ewert.

Die psychologisch grösste Herausforderung am autonomen Fahren wird sein, dass wir lernen, die Verantwortung abzugeben. Das fällt uns am leichtesten, wenn wir einen Nutzen darin sehen. Sprich: Erst, wenn wir das Auto nicht mehr überwachen müssen und die Zeit anderweitig zum Arbeiten, Lesen oder sonstige Unterhaltung nutzen können.

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