Fisker hat Insolvenz angemeldet. Bitteres Ende für den US-Autobauer, der mit innovativen Ideen und coolem Design den Elektroauto-Markt aufmischen wollte. Bereits vor vier Monaten warnte der in den USA lebende Däne Henrik Fisker (60), dass die Existenz seiner Firma ohne frisches Geld gefährdet sei. Verzweifelt versuchte er, mit einer massiven Preissenkung für den Elektro-SUV Ocean sowie einem Rettungsdeal mit Nissan zu frischem Geld zu kommen. Die Preissenkung kam zu spät, der Deal nicht zustande.
Und als kürzlich die Fisker-Produktion beim österreichischen Auftragsfertiger Magna in Graz (A) gestoppt und Blick vom Hersteller der für Ende Mai zugesicherte Testwagen gestrichen wurde, war klar – Henrik Fisker und seine Marke sind gescheitert. Jetzt zog Fisker das sogenannte Chapter 11 im US-Bundesstaat Delaware und beantragt damit Gläubigerschutz. Jetzt werden die Vermögenswerte des Unternehmens verkauft, um die aufgelaufenen Schulden begleichen zu können.
Für Henrik Fisker ist es schon das zweite Scheitern nach dem Debakel mit seinem innovativen Plug-in-Hybrid-Sportwagen Fisker Karma. Für die erneute Pleite gibts verschiedene Gründe. Und längst nicht alle sind selbstverschuldet. Blick nennt sieben Punkte, weshalb Henrik Fisker wieder gescheitert ist.
Unglückliches Timing
Wegen Corona und Lockdown verzögerte sich die Entwicklung des ersten Modells Ocean. Und als 2022 die Serienproduktion des E-SUVs endlich startklar war, kämpfte die Autobranche mit dem Chipmangel. So kam die Produktion erst 2023 richtig in Gang. Zu spät, denn inzwischen gabs viel Konkurrenz im E-SUV-Segment. Nicht nur von Newcomern wie Tesla oder Rivian, sondern auch von etablierten Autobauern.
Technische Probleme
Der Fisker Ocean kam wegen der erwähnten Probleme mit den Zulieferern deutlich später als ursprünglich geplant auf den Markt. Zudem kritisierten einige der ersten Kunden sowie Fachjournalisten Softwarefehler und technische Probleme beim E-SUV. So baute Fisker 2023 knapp 10'200 Ocean, lieferte aber nur 4929 an Kunden aus.
Teure Fertigung
Fisker liess den Ocean beim österreichischen Auftragsfertiger Magna bauen. Das machen Autobauer dann, wenn sich der Bau einer eigenen Fabrik oder Endmontage wegen zu geringen Stückzahlen nicht rechnet – also meist für Nischenmodelle. Der Fisker Ocean ist zwar ein hochwertiger Edel-SUV – aber dennoch nur ein SUV unter vielen. Und tritt so zum Beispiel gegen einen Mercedes EQC oder Audi Q6 E-Tron an – beides Modelle, die in einem viel günstigeren Produktionsumfeld entstehen.
Zu karges Interieur
Fisker setzte bei seinem Premierenmodell Ocean auf nachhaltige Recycling-Materialien, wollte in die ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft einsteigen. Gute Idee mit Beispielcharakter. Bloss machte das umweltfreundliche Material den Innenraum des Ocean zur kargen schwarzen Höhle. Vielleicht zu finster selbst für Kunden, die Verständnis für Nachhaltigkeit haben, aber im Auto doch lieber eine Wohlfühloase mit handschmeichelenden Materialien geniessen wollen. Da dürfte mancher zu einem anderen Stromer gegriffen haben.
Falscher Vertriebsweg
Fisker wollte den Vertrieb in die eigene Hand nehmen. Ein Fehler. Von den 2023 produzierten Fahrzeugen wurde weniger als die Hälfte ausgeliefert. Es fehlte an Vertriebs-Know-how und Kapazitäten. Zu spät besann sich Henrik Fisker um und suchte seit Ende 2023 Händler in Nordamerika und Europa. Seit Februar 2024 verkaufte zwar das Autohaus EVE in Toulouse (F) die Ocean-Modelle und in Österreich stieg vor zwei Monaten die Sonnleitner-Gruppe mit drei Standorten ein. Doch zu spät, wie sich jetzt zeigt.
Unentschlossene Investoren
Fisker kämpfte seit Monaten mit akuten Finanzproblemen. Die New Yorker Börse hat die Aktie aktuell wegen eines «ungewöhnlich niedrigen Kursniveaus» ausgesetzt. Die Zinsen für Wandelanleihen hatte Fisker zuletzt nicht bezahlt («Event of Default» – Verzugsfall). Gespräche mit mehreren Autoherstellern fanden zwar statt, verzögerten sich aber immer wieder. Und obwohl die Verhandlungen mit Nissan sehr weit fortgeschritten waren, stiegen schliesslich auch die Japaner als Retter aus. Fisker befindet sich zu 75 Prozent im Streubesitz. Unter den Anteilseignern sind bekannte Investmentfonds, darunter Black Rock. Das Start-up hofft, so die deutsche «Automobilwoche», auf eine Finanzspritze von 150 Millionen Dollar vom polnischen Investmentfonds CVI, doch auch dieses Geld sei nun gefährdet.
Zu hohe Ansprüche
Henrik Fisker ist eine schillernde Figur. Ein begnadeter Designer (er schuf unter anderem den BMW Z8 oder den Aston Martin DB9), aber ein sturer Kopf. Unvergessen sein vor 15 Jahren offen ausgetragener Streit mit Elon Musk (52), als Fisker für Tesla ein Modell konzipieren sollte. Der Wille, es als Unternehmer zu schaffen, treiben den in den USA lebenden Dänen seit bald zwei Jahrzehnten an. Mit dem Hybrid-Sportwagen Karma klappte es vor gut zehn Jahren schon einmal nicht. Jetzt ist Fisker mit dem Ocean erneut an seinem Anspruchsdenken gescheitert. So bezeichnete er den Ocean einst unbescheiden als «das nachhaltigste Auto der Welt» und die Bedienoberfläche als die «weltbeste». Noch nie habe sich ein SUV besser angefühlt als seiner.
Mit Fisker verschwindet eine Marke, deren Ansätze an und für sich gut waren. Und die vor allem für ein Stück Individualität im sonst uniformen, automobilen Technikbrei sorgte. Nimmt Henrik Fisker trotz seiner 60 Jahre noch einen dritten Anlauf?