Neues Entwicklungszentrum für Jaguar Land Rover
Im Reich des Sir Ralf

Dem drohenden Brexit zum Trotz bekennt sich Jaguar Land Rover zum Standort Gaydon (GB) – und wie! BLICK war an der Eröffnung des gigantischen Entwicklungs- und Designzentrums.
Publiziert: 01.10.2019 um 01:10 Uhr
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Bekennt sich zum Standort Grossbritannien: Jaguar-Land-Rover-CEO Ralf Speth.
Foto: zvg
Timothy Pfannkuchen

Am Eingang hängen drei Wappen, welche Hoflieferanten der Queen auszeichnen, und der deutsche Boss des englischen Autokonzerns wird als «Sir Ralf» begrüsst: Ein gerüttelt Mass Britishness darf schon sein, wenn CEO Ralf Speth (64) bei Jaguar Land Rover (JLR) in Gaydon (GB) einen XXL-Neubau eröffnet, in dem locker das Wembley-Stadion Platz fände. 

Während sich andere Autohersteller aus Angst vor einem harten Brexit aus Grossbritannien zurückziehen, bekennt sich JLR zum Standort – und wie! Das gigantische neue Entwicklungszentrum in Gaydon kostete 600 Millionen Franken und eröffnete nun nach drei Jahren Planungs- und drei Jahren Bauzeit. Und der Brexit? Klar leidet auch JLR unter Brexit-Angst und der globalen Auto-Absatzkrise und will im Falle eines Falles im November eine Woche Produktionspause einlegen. 

Rettung aus Indien

Aber das «Gaydon Triangle», das Dreieck zwischen zwei Ex-Landebahnen der ehemaligen Basis der Royal Air Force, wird wie zum Trotz quasi zum JLR-Epizentrum. Die Autogeschichte beweist damit feinen Sinn für Ironie: Das Gelände wurde 1978 von British Leyland («British Elend») gekauft, jenem irrlichternden Konzern, der die nationale Autoindustrie retten sollte und sie dann weitestgehend exekutierte. Auch spätere Eigner von Jaguar und Land Rover, etwa BMW oder Ford, hatten kaum mehr Fortüne. Erst als Ratan Tata (81) zugriff, Industrie-Tycoon aus der ehemaligen britischen Kolonie Indien, sie zu JLR vereinte und vor neun Jahren Ralf Speth holte, wuchs JLR allen Unkenrufen zum Trotz zum Erfolgsmodell.

Vier Millionen Quadratmeter

Damit die mutig konsequente Modellpolitik – siehe Jaguar I-Pace oder neuer Land Rover Defender – weitergeht, investiert Tata beziehungsweise JLR nun in vier Millionen Quadratmeter Fläche, darunter 52'000 Quadratmeter reine Bürofläche und elf Hektar Grünfläche samt See. Natürlich zeitgemäss lichtdurchflutet und mit viel Holz sowie den lockeren Sitzgruppen und dem progressiven Flair der Zentralen von Google und Co. – und, logisch, mit Energie aus ausschliesslich erneuerbaren Ressourcen. 

Eigenständige Nachbarn

Dass allein 20 Prozent des Stroms vom Solardach stammen, hat nicht nur mit der Angst vor Greta zu tun, sondern auch mit dem Wandel der Autowelt. Speth hat die Vision Zero verkündet: null Abgase, null Unfälle, null Staus. «Der beste Weg, die Zukunft vorherzusehen, ist, sie selbst zu gestalten», sagt Speth zur Eröffnung. Gaydon und Umland samt Manchester sollen zum Labor werden für autonome, smarte Mobilität. Ein Vorteil des neuen Zentrums ist, dass die Jaguar-Stilisten, bislang in Whitley, nun endlich unter einem Dach mit den Entwicklern und Designern der Konzernschwester Land Rover residieren. Zu viel Nähe? «Keine Sorge», sagt Speth, «Jaguar und Land Rover bleiben auch als Nachbarn eigenständig.» 

Der XJ wird elektrisch

Bei aller Eigenständigkeit ist klar: Bereits 2020 soll jede Modellreihe eine elektrifizierte Variante haben, und wohl ebenfalls 2020 wird der vollelektrische neue XJ enthüllt. Beim exklusiven Gang durchs Jaguar-Designzentrum wird dort an einem Concept Car gearbeitet. Fotos? Nichts da! Ob diese Studie bald den Ausblick auf einen coupéhaften Elektro-XJ gibt?

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