IAA-Premiere: Neuer Land Rover Defender
Jetzt kann er auch Strasse

Nicht mehr wiederzuerkennen: Mit der neuen zweiten Generation macht Land Rover aus seiner Offorad-Ikone Defender einen komfortablen Tausendsassa für Einöde und Asphalt.
Publiziert: 15.09.2019 um 18:16 Uhr
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Aktualisiert: 16.09.2019 um 10:26 Uhr
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Vorne 38, hinten 40 Grad Böschungswinkel: Wo die Front durchkommt, schaffts auch das Heck.
Foto: Martin A. Bartholdi
Andreas Faust

Der mattgrüne SUV kippt nach vorne auf die Rampe. Wer noch nie von Land Rover gehört hätte, sähe den Offroader jetzt haltlos gen Publikum rollen. Aber der kriecht stoisch die Rampe hinab, bis auf die Bühne.

Seit 71 Jahren gilt der britische Autobauer Land Rover, rustikale Hälfte von Jaguar Land Rover (JLR), als die Offroad-Marke schlechthin. Bis 2015 wurde der Ur-Landy Defender minimal modifiziert gebaut, bis ihm Crashnormen den Garaus machten. An der Frankfurter Internationalen Automobilausstellung IAA rollt nun die erst zweite Defender-Generation vom Dach des Messestands ins Scheinwerferlicht. Und schaut aus, als hätte Land Rover glatt zehn Generationen übersprungen.

Absatzrückgänge brachten finanzielle Engpässe

Hat der Defender in den letzten vier Jahren gefehlt? «Ganz ehrlich: Grosse Stückzahlen machte der Vorgänger nicht mehr», sagt Felix Brautigam, Chief Customer Officer bei Jaguar Land Rover. «Aber Rotes Kreuz, Feuerwehren und Bauunternehmen fragten schon lange nach einem modernen Nachfolger.» War der alte zuletzt nur liebenswerte Nostalgiepflege, soll der neue auch als Büezer-Version und globales Krisenbewältigungsvehikel Nummer eins Geld in die Kasse spülen.

JLR kann es brauchen. Absatzrückgänge auf den wichtigen Märkten wie China oder UK brachten 2018 finanzielle Engpässe, Kurzarbeit und Pläne für die Entlassung von rund 4500 Mitarbeitern. «Zwei Sparprogramme haben uns rund drei Milliarden Franken eingebracht», sagt Brautigam: «Wir hatten in den Boom-Jahren seit 2009 etwas Fett angesetzt, das wir jetzt abgebaut haben.» Selbst auf den Brexit sieht er sein Unternehmen gut vorbereitet.

«Das ist nichts, womit man spielt»

Felix Brautigam, Chief Customer Officer bei Jaguar Land Rover, zum Brexit.

Wie gehen Sie mit dem Brexit-Chaos um?

Auf dem Weltmarkt sind wir klein, aber in England haben wir grossen Einfluss und versuchen klarzumachen, dass wir als globales Unternehmen reibungslosen Handel und internationalen Zugang zu Talenten brauchen. Es ist keine politische, sondern eine ökonomische Frage. Allein von uns hängen über Mitarbeiter, Zulieferer und Händler 300'000 Familien ab. Das ist nichts, womit man spielt.

Und wenn es doch zum ungeregelten Brexit kommt?

Die Logistikkette muss dann funktionsfähig bleiben. Wir haben uns vorbereitet: Es gibt Werke in China und der Slowakei, wir kooperieren mit Magna Steyr in Österreich, setzen mehr Personal in Zollprozessen ein und haben Pufferlager aufgebaut.

Dringen Ihre Argumente noch durch in London?

Es gibt noch genügend vernünftige Menschen, die wissen, wie man Marktwirtschaft stärkt.

Felix Brautigam, Chief Customer Officer bei Jaguar Land Rover, zum Brexit.

Wie gehen Sie mit dem Brexit-Chaos um?

Auf dem Weltmarkt sind wir klein, aber in England haben wir grossen Einfluss und versuchen klarzumachen, dass wir als globales Unternehmen reibungslosen Handel und internationalen Zugang zu Talenten brauchen. Es ist keine politische, sondern eine ökonomische Frage. Allein von uns hängen über Mitarbeiter, Zulieferer und Händler 300'000 Familien ab. Das ist nichts, womit man spielt.

Und wenn es doch zum ungeregelten Brexit kommt?

Die Logistikkette muss dann funktionsfähig bleiben. Wir haben uns vorbereitet: Es gibt Werke in China und der Slowakei, wir kooperieren mit Magna Steyr in Österreich, setzen mehr Personal in Zollprozessen ein und haben Pufferlager aufgebaut.

Dringen Ihre Argumente noch durch in London?

Es gibt noch genügend vernünftige Menschen, die wissen, wie man Marktwirtschaft stärkt.

Der Vorgänger ein Tausendsassa, die Neuauflage ein XXL-Sackmesser: Beim Design passt sich der Defender jetzt ein ins Markenoutfit – mit eigenem Charakter. Den Luftwiderstand der Zwei-mal-zwei-Meter-Front zähmt das fadengerade Heck mit scharfen Kanten, kurze Überhänge bringen Rampenwinkel von 38 Grad vorn und 40 hinten, und Details wie Dachfenster oder die kotflügelgefasste Motorhaube erinnern an den Ur-Landy.

Der scheint auch im Interieur im blanken Magnesiumträger des Cockpits durch. Shocking – der Defender kann jetzt auch Komfort mit Armlehnen in den Türen. Fürs nagelneue – und überfällige – Infotainment wurde ein leistungsstarkes Netzwerk eingebaut, das auch Smartphone und Co. vernetzt. Vier Pakete mit speziellen Gadgets sorgen für Personalisierung.

Auch top auf Asphalt

Bei den Antrieben fängt der Neue an, wo der Alte niemals heranreichte: Zwei Turbodiesel leisten 200 oder 240 PS, die Reihenbenziner mit vier oder sechs Zylindern kommen auf 300 oder 400 PS. Achtstufen-Automatik, 4x4 und Offroad-Fahrprogramme sind serienmässig. «Mit einem Basis-Defender kann man locker abdecken, was der Vorgänger konnte», sagt Brautigam. «Plus viel bessere Fahreigenschaften auf Asphalt.»

Zum Start zu Jahresbeginn 2020 kommt der fünftürige 110er ab 63'300 Franken, der 90er-Dreitürer ab 57'000 Franken folgt später. Die extralange 130er-Version wird noch auf sich warten lassen.

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