Über 210 PS können heutige Autofans nur müde lächeln. Doch als 1989 der VW Golf 2 als G60 Limited auf den Markt kam, war er der mit Abstand stärkste Golf aller Zeiten: 210 PS – damals irre viel und nochmals fast doppelt so stark wie der ursprüngliche Golf 2 GTI, der je nach Version 107 oder 112 PS leistete.
So hoch die Leistung, so gering war die Chance, überhaupt an den G60 Limited heranzukommen: Nur gerade 71 Exemplare stellte VWs Motorsport-Abteilung von dem Sondermodell her – alle in Handarbeit. Und das liessen sich VWs Ingenieure fürstlich entlöhnen: Satte 68'500 D-Mark kostete in Deutschland der vollausgestattete G60 Limited – nur rund 10'000 DM weniger als seinerzeit Porsches 911 Carrera und fast dreimal so viel wie der Golf 2 GTI.
Der Wolf-Golf im Schafspelz
Warum der wuchtige Preis? VWs Idee war, alle bisherigen Golf-Versionen in den Schatten zu stellen – nur sollte man das dem Über-Golf gar nicht ansehen. Entsprechend dezent war die Hülle des G60 Limited – Motorsport-Plaketten, 15-Zoll-BBS-Felgen und für Kenner die mit orangen Blinkern ausgestattete Stossstange vom US-Modell.
Im Gegensatz zur zurückhaltenden Optik hatte es der G60 aber faustdick unterm Blech: Als Basis diente der viertürige Golf 2 Syncro – die Allradversion des Kompakten. Doch ebenso, wie das Fahrgestell in Handarbeit zur Sportversion aufgerüstet wurde, blieb auch beim 1,8-Liter-Vierzylinder keine Schraube auf der anderen. Das Spezielle: Der Motor mit 16 Ventilen wurde mit dem berühmten G-Lader (einer Art von Kompressor in G-Form) aus dem Golf GTI G60 kombiniert – woraus erst die damals brachiale Leistung von 210 PS und 252 Nm resultierten. Damit raste der G60 Limited in 7,4 Sekunden zur 100er-Schwelle und weiter bis 230 km/h. Fahrwerk und Fünfgang-Getriebe stammten aus dem Rallyesport.
Teure Rarität auf Rädern
Obwohl alle produzierten Golf G60 Limited Linkslenker waren, wurden einige nach England gebracht – unter anderem die Nummer 16 der 71 Modelle, die jetzt beim Händler 4Star Classics in Kingsley zum Verkauf steht. Der extrem seltene Golf, der schon seit 15 Jahren auf der Insel herumkurvt, hat 108'921 Kilometer (entspricht 67'680 Meilen) auf dem Tacho und macht auf den Fotos einen gepflegten Eindruck. Lack und Zierteile sollen vor einigen Jahren minutiös aufgearbeitet, der Motor revidiert und die Polster erst vor drei Jahren mit originalem Leder neu bezogen worden sein.
Die Restaurierung ging anscheinend ins Geld: 79'995 britische Pfund – umgerechnet über 93'000 Franken – will 4Star Classics für die Rarität auf Rädern. Das sind nicht nur rund 25'000 Franken mehr als der einstige Neupreis 1989 in DM, sondern liegt sogar weit über den Tarifen des heutigen Power-Golfs: Die ab Herbst erhältliche Jubiläumsversion «20 Years» des aktuellen Golf 8 R beginnt bei satten 68'300 Franken. Mit 333 PS ist sie der aktuelle König unter den Golf-Modellen – doch ob sie in 30 Jahren auch so einen Wertzuwachs hat wie der äusserst rare G60 Limited?