90 Jahre Designstudio Pininfarina
Die Traumfabrik der Autowelt

Vom kleinen «Pinin» zu den ganz Grossen: Battista «Pinin» Farina und sein Sohn Sergio bescherten Autoliebhabern über Jahrzehnte regelmässig Gänsehaut.
Publiziert: 10.04.2020 um 18:14 Uhr
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Battista Pinin Farina (1893–1966) gründete das Designstudio im Mai 1930 – also vor 90 Jahren.
Foto: Getty Images
Max Fischer

Società Anonima Carrozzeria Pinin Farina – oder einfach kurz: Pininfarina. Das Designstudio in Cambiano nahe Turin hat die Autowelt mit einigen der spektakulärsten und aussergewöhnlichsten Entwürfe bereichert. Das Unternehmen wurde im Mai 1930 von Battista «Pinin» Farina (1893–1966) gegründet. Der hatte den Karrosseriebau bei seinem Bruder von der Pike auf gelernt, ab 1911 unter anderem für Fiat gearbeitet und sich 1920 in Detroit bei Henry Ford (1863–1947) persönlich über die neuesten Trends der Automobilfertigung – Stichwort Fliessband – informiert.

Zu Beginn kleidete Farina vor allem Chassis von italienischen Marken für betuchtere Kundschaft ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg avancierte sein Studio dann dank Meisterwerken wie dem Cisitalia 202 zum begehrten Partner der grossen Autohersteller für Design und technische Entwicklung. Seit den 1950er-Jahren zeichnen die Farinas – Battistas Sohn Sergio (1926–2012) arbeitet ebenfalls im Unternehmen – und ihre Designer die meisten wichtigen Ferrari-Modelle. Die Traumfabrik schuf Klassiker wie den «Magnum-Ferrari» 308 GTS, den Supersportwagen F40 oder den Testarossa. Und noch viel mehr: Einzelanfertigungen von Ferrari- und Lancia-Modellen waren oft Highlights auf den internationalen Automobilsalons.

Begehrter Partner der grossen Hersteller

Die Designer arbeiteten aber auch für Alfa Romeo, Maserati, Ford und Volvo. Mehr noch: Der Fiat 124 Sport Spider und die Peugeot-Modelle 306 Cabriolet, 404 und 504 Coupé stammten ebenfalls aus den Händen der italienischen Meister. Ganz besonders war die Beziehung zu Cadillac. Von 1958 bis 1960 fertigte Pininfarina die Karosserie des Eldorado Brougham und von 1988 bis 1993 des Allanté in der eigenen Produktionsanlage. Und die Italiener gaben britischen Automobilen wie Austin, MG, Morris, Riley und Wolseley den optischen Schliff.

Die Farinas entwarfen nur wenige Autos vollständig selbst. Sie setzten junge Designer ein. Diese standen oft in betriebsinterner Konkurrenz zueinander und spornten sich gegenseitig zu aussergewöhnlichen Würfen an.

Züge und Cabriodächer

Auch als Faltdach-Spezialist machte sich Pininfarina einen Namen und entwickelte und produzierte Blechklappdächer für Ford, Mitsubishi oder Volvo. Heute sieht sich Pininfarina als Design- und ­Industriedienstleister. «Ah, il loc Pininfarina!», zitierte die SBB-Zeitung im ­April 1993 den entzückten Bahnhofvorstand von Domodossola beim Anblick einer neu glänzenden SBB-Lokomotive Re 460 aus der italienischen Designschmiede. Auch der Intercity-Neigezug SBB RABDe 500 und der italienische Hochgeschwindigkeitszug ETR 500 wurden von Pininfarina entworfen. Genau so wie das Cobra-Tram der Verkehrsbetriebe Zürich.

Nach Battistas Tod 1966 übernahmen sein Sohn Sergio und später sein Enkel Andrea die Führung. Letzterer verunglückte 2008 bei einem Vespa-Unfall tödlich. Seither trägt dessen Bruder Paolo die Verantwortung. 2015 erwarb die indische Mahindra-Gruppe die Mehrheit am Unternehmen. Seit 2018 macht Pininfarina vor allem mit dem spektakulären Elektrosportwagen Battista Furore, der den Namen des Gründers in die Zukunft trägt.

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