Zu Besuch in der Gas Monkey Garage
Blut, Schweiss und Bier

Der US-Amerikaner Richard Rawlings (53) hat aus seiner verrückten Gas Monkey Garage dank TV-Übertragungen eine globale Marke gemacht. SonntagsBlick hat Rawlings in Texas besucht.
Publiziert: 05.06.2022 um 04:12 Uhr
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Richard Rawlings ...
Foto: ZVG
Stefan Grundhoff

Diese Werkstatt ist ein Anachronismus. Und zwar ein sehr gewinnbringender. Während die Autobranche Strom statt Gas gibt und weniger breitbeinig auftritt als auch schon, gehts in der Gas Monkey Garage noch um die alten Werte: bollernde V8-Motoren, dicke Endrohre und US-Lifestyle auf Rädern. Der Klassiker-Betrieb des US-Amerikaners Richard Rawlings wurde bei uns dank der TV-Serie «Fast & Loud» populär. Aktuelle Folgen gibts seit 2019 nicht mehr; nur Wiederholungen in Endlosschleife in Asien, Amerika oder Europa. Für Rawlings kein Problem. Längst läuft sein TV-Format über die Gas Monkey Garage auf Youtube und die eigenen Social-Media-Kanäle. «Wir haben jetzt mehr Zuschauer als zuvor», erklärt der 53-jährige Amerikaner zufrieden und nimmt einen Schluck aus der Bierdose. Die scheint wie mit seiner Hand verwachsen.

Rawlings regiert aus seiner kleinen Autowerkstatt in einem Gewerbegebiet im texanischen Dallas inzwischen ein Gas-Monkey-Imperium. Zunächst war der seit frühester Kindheit Autoverrückte ein Firefighter – also Feuerwehrmann. Erst vor knapp 20 Jahren startete er seine Werkstatt und schuf in kürzester Zeit eine Marke, die ihresgleichen sucht. Sein TV-Format richtete sich – anders als vergleichbare Sendungen – nicht nur an Autofans, sondern liefert durch die Charaktere von Rawlings, seinem Werkstattleiter Aaron Kaufman oder der schnippischen Sattlerin Sue, auch Unterhaltungswert für Nicht-Autonerds. «Uns kennt man auf der ganzen Welt», sagt Rawlings grossspurig. «Nur das Logo von Harley-Davidson ist noch bekannter als unseres.»

Rawlings will in die Schweiz

In der Werkstatt und in seinen Videos dreht sich alles um den Handel mit meist historischen US-Klassikern, die Rawlings und sein Team weiterverkaufen oder für Sammler und Auktionen aufwendig zu Einzelstücken umbauen. «Wir haben auch in europäischen Ländern wie Schweden, England oder Spanien viele Kunden», verrät der Ford-Mustang-Fan. Derzeit plant er, sein Netz auch nach Deutschland, Österreich und ins Oldtimer-Boomland Schweiz auszuweiten.

Doch einfach ist sein Geschäft derzeit nicht, wie auch der Titel seiner Biografie «Blood, Sweat and Beers» – Blut, Schweiss und Bier – vermuten lässt. «Mit der Pandemie haben wir uns neu orientiert und von einigen Partnern getrennt. Wir arbeiten nur noch hier am Standort Dallas. Dazu gibts einige Restaurants in aller Welt und natürlich überall unsere Produkte.» Die Gas Monkey Garage mit ihren 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kauft und verkauft deutlich weniger Fahrzeuge als noch vor ein paar Jahren – damals waren es bis zu 100 pro Monat. «Der Markt ist viel schwieriger geworden, die Autos werden immer teurer. Und die Pandemie machte alles noch schlimmer», jammert Rawlings.

Mechandising-Handel boomt

Doch ein Grossteil seiner Einkünfte stammt sowieso längst aus dem Merchandising-Geschäft – pro Jahr viele Millionen Dollar. In der Boutique direkt neben der Garage gibts von den Gas Monkeys nicht nur T-Shirts, Basecaps, Pullover und Gürtelschnallen, sondern auch Aufnäher, Bücher und was man sich sonst noch so vorstellen kann. Im Kern dreht sich jedoch alles nach wie vor um Autos, die übrigens gar nicht so amerikanisch und historisch sein müssen, wie man aufgrund der Sendungen hätte erwarten dürfen. Im Alltag fährt Richard Rawlings einen schwarzen Rolls-Royce Wraith, einen Porsche Panamera oder was eben an Pick-ups gerade auf seinem Hof steht.

Seine Lieblingsstücke stehen dagegen nebenan in einer riesigen Halle mit privater Partyzone: Monster Trucks, Jaguar XJ, frühe Ford Mustangs oder Porsche 928 – Traumwagen, so weit das Auge reicht. Und: Mit etwas Glück kann sich der Gas-Monkey-Fan hier sogar bedienen. Wer ein T-Shirt kauft, beteiligt sich automatisch an einer Lotterie, bei welcher der Gewinner sich eines der privaten Rawlings-Fahrzeuge im Wert von bis zu 200'000 Dollar aussuchen kann.

Ferrari mahnte Rawlings ab

Tickt nicht längst die Uhr für sein Geschäftsmodell? Doch obwohl in den Adern des Gas-Monkey-Bosses ein Mix aus Blut, Benzin und Bier zu fliessen scheint, hat er keine Vorbehalte gegen Stromer. «Ich bin sicher, dass wir bald auch an Elektroautos schrauben und optimieren werden», sagt er lächelnd. «Jedoch wird das ‹bald› noch etwas dauern, denn aktuell erhalten die Elektroautos von Politik und Öffentlichkeit gerade genug Aufmerksamkeit», meint er. Sprich: Fette US-Musclecars und Pick-ups geraten in der öffentlichen Meinung gerade ins Hintertreffen – und werden deshalb von seinem Team umso lieber ins Scheinwerferlicht gerückt.

Fragt man Rawlings nach seinem Lieblingsprojekt der letzten Jahre, so zählt er neben diversen zu exklusiven Einzelstücken umgebauten US-Musclecars auch einen in 32 Tagen restaurierten schwarzen Ferrari F 40 auf. Rawlings: «Wir haben ihn mit einem Modell nahezu im Neuzustand verglichen. Unser Auto hatte ein besseres Fahrwerk, einen besseren Motor und war schneller.» Bei allen stossen solche Projekte indes nicht auf Gegenliebe, erklärt er: «Ich hatte zuvor zwei Abmahnungen von Ferrari aus Italien bekommen, dass wir die Arbeit am F40 einstellen sollten.»

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