Wer fährt sparsamer? Porsche bittet am Grimsel zum Duell
Blick-Redaktor tritt gegen Porsche an

Porsche nennt seinen intelligenten, adaptiven Tempomaten «Innodrive». Er soll effizienter fahren als wir Menschen, behauptet Porsche – und fordert Blick am Grimsel zur Challenge «Mensch gegen Maschine» heraus. Wir haben angenommen.
Publiziert: 26.08.2023 um 04:50 Uhr
1/19
Seit Kurzem bietet Porsche für den elektrischen Taycan ...
Foto: David Kuenzler
RMS_Portrait_948.JPG
Raoul SchwinnenRedaktor Auto & Mobilität

Eine Sparfahrt ist sonst eigentlich nicht meine Königsdisziplin. Und dann auch noch in einem Porsche? Aber ich mache mal eine Ausnahme. Denn: Porsche bietet seit kurzem als «Upload over the Air» für die Baureihen Taycan, Cayenne, Panamera und 911 das sogenannte Innodrive-System an. «Im Prinzip die Erweiterung unseres ACC-Folgetempomats», erklärt Florian Schröder, Innodrive-Funktionsverantwortlicher bei Porsche.

Aktiviert man den ACC-Tempomat und Innodrive, so erkennt das Fahrzeug über GPS-Signale, Kartendaten sowie Radar- und Kamerafunktionen neu die Tempolimits und passt das Tempo selbst den geltenden Vorgaben an. Vor Kurven wird aufgrund des bekannten Streckenverlaufs automatisch abgebremst. Auch Stopps erkennt das System – selbst Abbiegemanöver mit Blinker packt Innodrive. Mit anderen Worten: Der Fahrer muss nicht mehr denken, sondern nur noch lenken. Alles andere macht das Auto dank Daten und Algorithmen.

Möglichst effizient fahren

Und jetzt soll ich also gegen diese intelligente Fahrmaschine antreten. Der Plan: Wir starten beim Grimsel Hospiz und fahren mit einem elektrischen Porsche Taycan GTS rund 6,5 Kilometer weit talwärts – einmal mit aktiviertem Innodrive, beim zweiten Mal bestimme ich. Wir beide sollen uns dabei stets an die geltenden Tempovorgaben halten (und es hat auf diesem Teilstück viele Tempowechsel) und den Verhältnissen entsprechend zügig, im Schnitt rund 65 km/h, aber dabei effizient den Berg runterfahren.

Weil der Elektroantrieb bergab rekuperiert, also Energie zurückgewinnt, wird nach den 6,5 Kilometern sogar ein Verbrauchsminus erreicht – sprich, wir speichern Energie zurück in die Batterie. Wer kann also mit sanftem Gasfuss mehr Energie zurückgewinnen – Mensch oder Maschine, Blick-Autoredaktor Raoul Schwinnen oder Porsches Innodrive?

Lassen wir der Maschine den Vortritt: Ich aktiviere das System, gebe als Vorgabe die auf Überlandstrassen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ein, warte eine genügend grosse Lücke ohne Verkehr auf unserer Strecke ab – und starte mit einem Tritt aufs Gaspedal. Innodrive übernimmt, ich muss nur noch lenken. Per Tritt auf die Bremse könnte ich wie beim normalen Tempomat das System jederzeit sofort deaktivieren.

Zügig beschleunigt Innodrive auf die erlaubten 60 km/h, bremst vor einer Kurve sanft ab, und beschleunigt dann auf die jetzt erlaubten 80 km/h. Wieder folgt eine Kurvenkombination. Erstaunlich flott nimmt der Taycan die Kurvenkombinationen. Dann verlangsamt er plötzlich – er weiss, dass hinter der nächsten Kurve Tempo 40 gilt.

Wir rekuperieren 125 Handy-Ladungen

Nach dem ersten Sektor zeigt der Bordcomputer ein Verbrauchsminus – oder Batterieplus – von 20,1 kWh/100 km. Nach 6,5 Kilometern Fahrt steht am Ende gar minus 21,2 kWh/100 km auf dem Display. «Das habe ich erwartet», grinst Schröder zufrieden. «Bei unseren eigenen Tests am Vortag erzielten wir praktisch identische Werte – auf 6,5 Kilometer Fahrt rekuperierten wir knapp 1,5 kWh.» Also genug Strom für 125 Akkuladungen beim iPhone 14 oder eine Runde an den 24 Stunden von LeMans im Porsche-Hybrid-Renner 963.

Jetzt ich. Wieder rolle ich an den Start, diesmal ohne aktivierte Fahrhilfe. Ich warte auf eine günstige Situation ohne einbremsenden Touristenverkehr – und los! Auch ich beschleunige zügig, bremse vor den Kurven und versuche, mich möglichst genau an die Tempolimits zu halten. Volle Konzentration in den Kurvenkombinationen, um so vorausschauend wie möglich zu fahren. Nach Sektor 1 zeigt das Display minus 20,7 – knapp besser als die Maschine. Und das ändert sich auch bis ins Ziel nicht mehr: Am Schluss stehts minus 21,2 mit Innodrive zu minus 21,8 mit Schwinnen.

Schröder nimmts sportlich: «Gleich beim ersten Mal effizienter als Innodrive? Gratuliere!» Aber ganz ehrlich: Ob ich bei einem zweiten oder dritten Versuch wieder gleich gute Werte geschafft hätte? Ich bin mir nicht sicher. Innodrive aber schon. Denn im Gegensatz zum Menschen verliert eine Maschine weder die Konzentration, noch wird sie müde.

Innodrive fährt effizient, komfortabel und sicher

Und genau darin liegt der Kern der Sache. Innodrive fährt effizient, aber auch überraschend sicher und komfortabel. Hut ab, nur schon, weil es bei unserem Test keine einzige Tempotafel übersehen oder falsch interpretiert hat. Und es sich selbst weder von plötzlich auftauchenden Kurven, noch von an unsinnigen Stellen überholenden Motorrädern überraschen liess.

Offenbar denken viele Porsche-Käufer ähnlich. «Rund 70 Prozent der Taycan-, Panamera- und Cayenne-Besteller wählen die Option Innodrive», sagt Inga Konen von Porsche Schweiz. «Beim 911er sinds dagegen deutlich weniger.» Aber Sparen kostet natürlich: Innodrive lässt sich für einen Monat gratis testen, danach für monatlich 19 Franken «uploaden» oder fix für 759 Franken installieren.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?