Retro-Elektroautos wie Renault 5 oder Opel Manta GSe ElektroMod sind gerade gross in Mode. Doch wie wäre es, wenn man einen Brutalo-Sechszylinder mit über 500 PS in einen Klassiker verpflanzt?
Die Hamburger-Klassikspezialisten von Emilia Motors tun genau das: Sie nehmen den 510 PS (375 kW) starken Dampfhammer der aktuellen Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio und verpflanzen das Triebwerk in den Motorraum der klassischen Giulia GT von 1963, die Fans der italienischen Traditionsmarke einfach nur «Bertone» nennen.
Karosserie an Leistung anpassen
Das klingt ganz wunderbar. Aber ein Biturbo-Ungetüm, das mit 600 Nm Drehmoment auf die Antriebswelle einprügelt, zerreisst doch die Karosserie des automobilen Vorfahren. «Wir müssen das Auto natürlich ein wenig anpassen», sagt Ralf-Hendrik Steinkühler, einer der Initiatoren des ungewöhnlichen Projekts, und stapelt dabei tief.
Denn im Grunde erhält die Giulia ein neues Chassis, dem der klassische Hut übergestülpt wird. Aber auch da wird kräftig Hand angelegt, denn die Windschutzscheibe muss versetzt werden, damit der moderne Sechszylinder Platz findet. Vor allem die Kühlung beansprucht viel Platz. Um das Chassis der Retromod-Giulia der Leistung anzupassen und deutlich steifer hinzukriegen, holen sich die Hamburger Oldtimer-Spezialisten mit Velo Performance einen passenden Partner ins Boot.
Alt trifft Neu
Teile der aktuellen Giulia können weiterverwendet werden, darunter Teile der Achsen und das ZF-Achtganggetriebe. Sprich Automatik statt Handschaltung, dafür Paddles am Lenkrad. Auch das Licht erhält ein Upgrade auf den heutigen Stand. Statt der Alfa-Funzeln strahlen vorn LED-Leuchten und der Fahrer thront auf einem modernen Recaro-Sportsitz.
Für die Emilia GT Veloce gab es zwei Devisen. Wie bei den Singer-Porsches in den USA soll möglichst viel vom ursprünglichen Original erhalten blieben. «Für mich war es wichtig, bei dem Projekt das Original zu respektieren», erklärt Steinkühler. Weiter sollen so viele Teile wie möglich von der gleichen Marke, sprich Alfa Romeo, verbaut werden.
Alfa Giulia statt Lancia Delta
Das war auch der Grund, weshalb sich Steinkühler und seine Kollegen bei Emilia Autos für die Giulia GT entschieden haben. Denn auch der Lancia Delta stand zur Auswahl. Doch Lancia baut noch weniger Autos als Alfa Romeo. Dazu gibts vom «Bertone» auch mehr als genug Modelle, die Steinkühler und sein Team aufkaufen können. Rund 220'000 Exemplare wurden zwischen 1963 und 1975 gebaut. Ganz seltene Exemplare kaufen die Hamburger nicht an. Die sollen erhalten bleiben.
Schlussendlich hat die Emilia GT Veloce nicht mehr viel gemein mit ihren beiden Ursprungsmodellen. Mit einem Gewicht von nur 1250 Kilogramm wird diese Giulia deutlich leichter als das aktuelle Modell und auch keinen ESP-Rettungsanker haben, sondern lediglich ABS und eine Traktionskontrolle. Das Gewindefahrwerk steuert KW bei.
Teure Nischen-Autos
Die Behörden haben auf die Konstruktion der Italo-Legende mit neuer Technik ein waches Auge, damit die Zulassung reibungslos über die Bühne geht. Da es von der Emilia GT Veloce nur 22 nummerierte Exemplare geben wird, gilt der Retrorenner als Kleinstserie, für die spezielle Abnahme-Bestimmungen gelten. «Das ist ein Nischen-Auto für Kunden, die unter der Woche elektrisch fahren und am Wochenende etwas Besonderes bewegen wollen», verdeutlicht Steinkühler.
Der Klassiker mit moderner Technik wird zwischen 400'000 und 450'000 Euro (umgerechnet ca. 415'000 bis 470'000 Franken) kosten. Bereits im zweiten Quartal des nächsten Jahres soll das Auto präsentiert werden. Manche können es nicht erwarten. Vor allem aus den USA liegen schon viele Reservierungen vor.