Auf einen Blick
- Frank M. Rinderknecht: Vom Tuning-Experten zum visionären Autokonstrukteur
- Die Rinspeed-Konzepte wurden jeweils am Autosalon Genf vorgestellt
- 2006 gelang ihm die Ärmelkanal-Überquerung in 3:13 Stunden mit dem Splash-Amphibienfahrzeug
Die ersten Concept-Autos von Frank M. Rinderknecht Mitte der 1990er-Jahre für den Genfer Autosalon haben vor allem grosse Motoren, dicke Auspuffrohre und fette Reifen. Diese Phase bezeichnet er heute schmunzelnd als seine «schwarze Seite». Bald aber werden die Rinspeed-Konzepte raffinierter und verwegener – können sowohl an Land fahren als auch übers Wasser fliegen oder tauchen.
Und schliesslich werden seine automobilen Ideen immer visionärer und ökologischer: vom Roadster, der sich in kleine Parklücken schrumpft, bis zum elektrisch und autonom verkehrenden Stadtbus – zu einer Zeit, als noch niemand vom elektrischen, geschweige denn vom autonomen Fahren spricht.
Sinneswandel
Der Sinneswandel seines Schaffens während der vergangenen drei Jahrzehnte ist nicht nur bei seinen Kreationen augenfällig. Im Jahr 2008 hat sich Frank M. Rinderknecht gedanklich so weit von seinem ursprünglichen Business entfernt, dass er die Tuningsparte verkauft – um sich künftig auf ein ganz anderes Thema zu fokussieren: grüne Technologie. Sein Schaffen wandelt sich von der Sportlichkeit und Leistungsorientierung zur Nachhaltigkeit, vom selbstbestimmten zum autonomen Fahren, vom Besitzen zum Sharen.
Die Rinspeed AG schrumpft vom Zehnmannbetrieb zur Familien-AG. Frank M. Rinderknecht und seine Frau Michèle verkaufen fortan Ideen und Visionen an Weltkonzerne. Die einstige Traumfabrik in Zumikon ZH besteht jetzt noch aus einem Büro, einem Besprechungszimmer und einem über zwei Etagen verteilten «Museum Mobile». Dort entdecken wir auf unserem Rundgang neben den 27 einzigartigen Rinspeed-Concept-Cars auch einen dekorativen Flugmotor («für mich ist Mechanik Kunst») und einen unter der Decke hängenden Rennboliden von Mario Andretti aus der US-Indy-Serie.
Schon während seines ETH-Maschinenbaustudiums beweist der am 24. November 1955 in Zürich geborene Frank M. Rinderknecht Geschäftssinn. Er importiert Sonnendächer aus Kalifornien in die Schweiz, gründet wenig später die Rinspeed AG und steigt in die Tuningbranche ein. 2008 der grosse Wandel: Rinderknecht verkauft das Tuninggeschäft und widmet sich mit weiteren Konzeptideen der grünen Technologie – bis heute.
Schon während seines ETH-Maschinenbaustudiums beweist der am 24. November 1955 in Zürich geborene Frank M. Rinderknecht Geschäftssinn. Er importiert Sonnendächer aus Kalifornien in die Schweiz, gründet wenig später die Rinspeed AG und steigt in die Tuningbranche ein. 2008 der grosse Wandel: Rinderknecht verkauft das Tuninggeschäft und widmet sich mit weiteren Konzeptideen der grünen Technologie – bis heute.
Film wird Realität
Fragen wir Rinderknecht, auf welches seiner vielen Konzeptfahrzeuge er besonders stolz sei, antwortet er: «Der sQuba für den Genfer Autosalon 2008 ist sicherlich das spektakulärste.» Gut 30 Jahre nach dem James-Bond-Film «Der Spion, der mich liebte» liess Rinspeed das damalige Film-Fake-Auto (einen Lotus Esprit) Wirklichkeit werden. Rinderknecht erinnert sich: «Es war schon nicht leicht, ein Auto so wasserdicht und druckresistent zu machen, dass es sich unter Wasser bewegen konnte. Aber die wirkliche Errungenschaft war, dass der sQuba dank seitlichen Turbinen mit zwei Heckschrauben wie ein Fisch im Wasser schwimmen konnte.»
Für Technikfreaks verrät er nur so viel: «Den ursprünglichen Verbrennungsmotor des für den Umbau verwendeten Lotus Elise haben wir herausoperiert und durch drei Elektromotoren im Heck ersetzt. Einer sorgt für Vortrieb an Land, zwei treiben die Propeller für die Unterwasserfahrt an. Unterstützt werden diese durch zwei leistungsstarke Seabob-Jetantriebe im Bug, die durch spezielle Drehlamellen zum Öffnen und Schliessen der Wasserzufuhr atmen.»
Weltrekordhalter
Schon vier Jahre zuvor sorgt Rinspeed am Genfer Autosalon 2004 mit einem anderen Amphibienfahrzeug für grosses Aufsehen. Der Splash kann nicht nur an Land und im Wasser fahren, sondern auch übers Wasser fliegen. Bei Wasserfahrt hebt sich der Splash ab Tempo 30 auf sogenannte Foils und schwebt mit bis zu 80 Kilometern pro Stunde gut 60 Zentimeter über der glatten Wasseroberfläche. Ähnlich wie dies heute die Rennsegeljachten des America’s Cup tun. Stolz erzählt uns Frank M. Rinderknecht, dass er zwei Jahre nach der Weltpremiere in Genf am 26. Juli 2006 mit dem Splash den Ärmelkanal überquerte.
Für die 36 Kilometer lange Strecke zwischen Dover (GB) und Sangatte (F) bei Calais benötigt er 3:13,47 Stunden – was ihm einen Eintrag im «Guinessbuch der Rekorde» als schnellste Kanalüberquerung mit einem Tragflügelautomobil sichert. Zuvor muss Rinderknecht für seine Rekordfahrt den ursprünglich blauen Splash aus Sicherheitsgründen in besser sichtbares Gelb umlackieren und ihn mit Positionslichtern versehen.
Abstecher in die USA
Frank M. Rinderknecht hielt sich für seine fahrbaren Visionen oft an Walt Disneys Leitsatz «If you can dream it, you can do it». Doch nicht überall stösst der Schweizer Autovisionär auf Begeisterung über seine Kreationen. Einigen sind seine Ideen zu schräg oder zu utopisch. Diese Kritik nimmt er keinem übel. Vielmehr bezeichnet sich Rinderknecht selbst als Verrückten – als einen, der ständig den Standpunkt und somit die Perspektive wechselt, um in die automobile Zukunft zu blicken. Und den es ab 2016 sogar auch in die USA zieht: Mehrere Jahre zeigt er seine Concept-Cars auch an der Elektronikmesse CES in Las Vegas, die längst auch zur Showbühne der Autoindustrie avanciert ist.
Obwohl es in der Öffentlichkeit jetzt stiller um den 68-Jährigen wird, ist er weiterhin aktiv in seiner Denkfabrik. In Zumikon konstruiert er zwar keine eigenen Showcars mehr, liefert der Industrie aber weiterhin Ideen und Lösungsansätze. Aktuell für ein Lieferfahrzeug, bei dem Postboten oder Foodlieferanten nicht mehr anhalten und aussteigen müssen, sondern nur noch schnell und bequem an eine Station andocken, um die Waren abzuliefern. «Ich habe bereits diverse Patente dafür angemeldet», verrät Rinderknecht. Und vielleicht trifft er auch damit wieder ins Schwarze wie seinerzeit mit seiner Erfindung der Bedienungstasten am Lenkrad, die heute in jedem Automobil verbaut werden.