Autopionierin Bertha Benz
Kaum eine andere Frau hatte so viel Einfluss auf die Geschichte des Autos wie sie: Bertha Benz (1849–1944), Gattin von Patent-Motorwagen-Erfinder Carl Benz, kann nicht mit ansehen, wie ihr Gatte unter der Skepsis der Zeitgenossen leidet. Zweieinhalb Jahre nach der Patentanmeldung des Urahns aller Autos macht sie sich im August 1888 mit ihren zwei Söhnen und ohne Wissen ihres Gatten mit dem Motorwagen von Mannheim (D) auf ins rund 100 Kilometer südlicher gelegene Pforzheim (D): Nach mehr als zwölf Stunden auf grösstenteils unbefestigten Wegen geht diese pionierhafte Reise als erste Fernfahrt mit einem Automobil in die Geschichte ein. Dank ihrer waghalsigen Erprobung erhalten spätere Versionen des Motorwagens noch einen dritten Gang und wirkungsvollere Bremsbeläge. Eine weitere Pionierin im Autobau war Mary Anderson (1866–1953): Die Amerikanerin gilt als Erfinderin der Scheibenwischanlage.
Rennfahrerin Michèle Mouton
Der Französin Michèle Mouton (70) gelingt 1981 als erster Frau der Gesamtsieg bei einem Rallye-WM-Lauf, an der Rallye San Remo (I) auf Audi Quattro. Trotz dreier Siege im Folgejahr muss sie sich bei der WM 1982 knapp Walter Röhrl (74) geschlagen geben. Nichtsdestotrotz gilt sie als bekannteste und erfolgreichste Rallyepilotin neben der deutschen Dakar-Siegerin Jutta Kleinschmidt (59). Doch auch Schweizer Frauen sorgen im Motorsport für Furore: So gewann Rahel Frey (35) 2009 als erste Frau ein Rennen im deutschen Formel-3-Cup, startete an zahlreichen DTM-Rennen und drei Mal an den 24 Stunden von Le Mans. Erfolge kann auch Simona De Silvestro (33) immer wieder verbuchen: Als erst dritte Frau fuhr die Thunerin bei einem IndyCar-Rennen aufs Podest, wurde 2014 als Testfahrerin im Sauber-F1-Team angeheuert und holte 2015 als erste Frau mit einem neunten Rang in Long Beach (USA) Punkte bei einem Formel-E-Rennen.
GM-Chefin Mary Barra
Sie war bei ihrem Amtsantritt im Januar 2014 die erste Frau an der Spitze eines der drei grossen amerikanischen Autobauer: Mary Barra (60), CEO von General Motors (GM). Die Tochter finnischer Einwanderer startete mit 18 Jahren an der GM-Berufsakademie und trägt heute die Verantwortung für 155'000 Mitarbeiter weltweit. Von «Fortune» 2015 zur einflussreichsten Businessfrau der Welt gekürt, rangierte sie bei «Forbes» 2020 auf Position sechs der mächtigsten Frauen weltweit. Die zweifache Mutter gilt als knallharte Saniererin und beschloss im Herbst 2018 trotz des Unmuts des damaligen US-Präsidenten Donald Trump (75) die Streichung von 14'000 Stellen. Im Frühjahr 2020 teilte Barra mit, in den kommenden Jahren 20 Milliarden Dollar in elektrische und selbstfahrende Autos zu investieren. Letztes Jahr gab Barra bekannt, dass ab 2035 alle Autos von GM rein elektrisch angetrieben werden sollen – reine Verbrenner werden gestrichen. Die mächtigste Schweizerin der Autobranche ist die Daimler-Vorständin und «Chefjuristin» Renata Jungo Brüngger (60, hier im Interview).
Renault-Schweiz-Chefin Claudia Meyer
Gleich eine ganze Reihe von Frauen sitzt bei Schweizer Auto-Importeuren an der Spitze – eine von ihnen ist Claudia Meyer. Die 52-Jährige stammt aus einer Garagisten-Familie. Im April 2014 startete Meyer als Marketing-Direktorin bei Nissan Schweiz, bevor sie im März 2017 zum Country Director wurde. Seit 1. Juli 2021 sitzt sie an der Spitze von Nissan-Allianz-Partner Renault. Bereits davor war Claudia Meyer in verschiedenen Funktionen bei den Marken Jaguar, Daimler, Chrysler und Fiat aktiv. Auch als Marken-Chefinnen in der Schweiz tätig sind Sandra Grau (56) bei Seat und Natalie Robyn (47) bei Volvo. Nicole Sahlmann (50) ist Chefin von Skoda Retail.
Auto-Professorin Anja Schulze
Niemand kennt Fakten und Zahlen zur Schweizer Autobranche besser als Anja Schulze (46), Gründerin und Direktorin des Swiss Center for Automotive Research (Swiss CAR) der Uni Zürich: Nach 2008 und 2013 hat sie mit ihrem Team 2018 das Standardwerk zur öffentlich fast unsichtbaren und unterschätzten Branche erneuert. Ihre Analyse zur Schweizer Autoindustrie kommt auf 574 Firmen, die bei uns 12,3 Milliarden Franken im Jahr umsetzen und 34'000 Menschen in Lohn und Brot halten. «Unsere Studien sind für die Industrie selbst, vor allem aber auch für die Politik und die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung», erklärt Anja Schulze. «Etwas zu schaffen, das in politische Entscheidungen einfliesst, das hilft, fundierte wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, und das Antworten auf ökonomische Fragestellungen geben kann, macht mich stolz.»
Seat-Ingenieurin Anna Homs
Auch wenn das Ingenieurwesen oft für eine Männerdomäne gehalten wird, so steuern Frauen längst Innovationen bei. So sind etwa Rückspiegel und Blinker am Auto oder Markierungen auf der Strasse Erfindungen von Ingenieurinnen. Nur zwei Beispiele: Bei der Volvo-Tochter Polestar ist Beatrice Simonsson (44) die Chefin der Polestar-2-Baureihe. Oder Seat: Dort setzt man schon lange auf Frauen im Kader. Etwa auf Anna Homs: Obwohl erst 28-jährig, leitet die deutsche Wirtschaftsingenieurin den Bereich Innovation. Dort entwickelt Homs mit ihrem Team von Mitarbeitern aus China, den USA und Deutschland sprachgesteuerte Assistenten. «Sprachassistenten werden in der Zukunft eine wesentliche Rolle spielen, da sie eine einfache und bequeme Form der Kommunikation darstellen», erklärt Homs. «Die Sprachsteuerung kommt schon heute immer häufiger zum Einsatz: zu Hause, beim Smartphone und natürlich auch im Auto.»