Die französische Automarke durchlebte in den vergangenen Jahrzehnten Höhen und Tiefen: Einst war Citroën Avantgarde-, dann Pleitemarke und sie wurde als Reaktion gar zu vernünftig. Heute verfolgt sie erfolgreich eine Mischung aus Extravaganz und Elektro: Der Citroën Ami als Ente 2.0 erinnert uns an den Schweizer Microlino – ein kleines elektrisches Auto für die grosse Stadt. An dieses Konzept knüpft auch die neue Studie Oli an.
«Genug.» So lautet das Motto des Oli (englisch ausgesprochen wie «all-E»). Die 4,20 Meter lange Elektrostudie soll ein ernsthafter Ansatz für kreative und kostengünstige Elektromobilität von morgen sein. Das Bedürfnis nach elektrifizierter Mobilität ist stark und wird weiter steigen – nur sollte dieses auch erschwinglich erreichbar sein.
Genug ist genug
Weil der rollende Würfel Oli nicht mehr als 1000 Kilo auf die Waage bringen sollte, aber Karbon und Alu zu teuer sind, bestehen Motorhaube, Dach und Ladefläche vor allem aus recyceltem und beschichtetem Karton. So wiegt das Dach nur halb so viel wie ein konventionelles Stahldach, ist aber so stabil, dass eine über 100 Kilogramm schwere Person darauf stehen kann. Ausserdem lassen sich alle Teile einfach tauschen – so könnte man das Auto für neue Nutzungen auch anpassen.
Sitze und Bodenmatten bestehen wie die Sohlen hochwertiger Sneaker aus thermoplastischem Polyurethan (TPU), den der deutsche Chemieriese BASF – sonst kaum Autozulieferer – beisteuert. Per 3D-Druck wird das TPU zu einem flexiblen und zugleich widerstandsfähigen Sitzgerüst verarbeitet. Netzförmige Elemente helfen bei der Belüftung und reduzieren das Gewicht – und beides senkt Verbrauch und Kosten.
Optisch gewöhnungsbedürftig
Die ungewöhnliche Optik wirft aber Fragezeichen auf. Die vertikale Frontscheibe steht voll im Wind – wie soll da ein geringer Verbrauch möglich sein? Aber so wird weniger Glas benötigt und die Sonneneinstrahlung minimiert – das Auto heizt sich kaum auf und es kann eine kleinere Klimaanlage verbaut werden, die 17 Prozent weniger Strom verbraucht als in vergleichbaren Fahrzeugen.
«Weil die Höchstgeschwindigkeit des Oli auf 110 km/h begrenzt ist, waren aerodynamische Überlegungen nicht so wichtig», erklärt Designer Pierre Sabas. Deshalb sind auch keine Monster-Akkus nötig, um die Reichweite von 400 Kilometern zu erreichen – 40 Kilowattstunden (kWh) Kapazität reichen völlig aus. Zumal der Durchschnittsverbrauch nur 10 kWh/100 km beträgt.
Rucklig, aber zackig
Im Cockpit nutzt Citroën Know-how von Apple, Samsung & Co.: Man steckt das Smartphone in einen Schlitz und spiegelt die Bedienoberfläche. Eine pfiffige Idee sind die über ein Schienensystem flexibel auf dem 34-teiligen Armaturenbrett verschiebbaren USB-Anschlüsse. Oder der variable Kofferraum, der sich mit ein paar Handgriffen in eine offene Pick-up-Ladefläche verwandeln lässt. Speziell sind auch die entgegengesetzt öffnenden Türen.
Und wie fährt sich der Innovationswürfel auf Rädern? Wir konnten es in Zürich ausprobieren. Auf den futuristisch-knallorangen Sitzen fährt sich der Oli wie ein normales Elektroauto. Die Lenkung ist präzise und sanft, er federt komfortabel und die Beschleunigung ist flott, wie es sich für einen Stromer gehört. Die flache Windschutzscheibe stört optisch mehr als im Alltag – gute Übersicht hat man auf jeden Fall. Und wenns ruckelt und knarzt im Auto, liegt das daran, dass es ja kein Serienmodell ist. Ob dieses ausgeklügelte Konzept wirklich in Serie gehen wird? Noch hält sich Citroën bedeckt. Aber der Ami hats ja auch auf die Strasse geschafft.