Jewgeni Prigoschin (61) ist als gnadenloser Geschäftsmann bekannt. Knallhart befehligt er die Wagner-Gruppe und schreckt auch nicht vor Gewalt gegen die eigenen Leute zurück. Eine brutale Massnahme ergreift die Söldnertruppe nun aber offenbar nicht mehr.
In der Vergangenheit wurden Videos öffentlich, die die brutale Hinrichtung von Söldnern zeigen, die sich zuvor den Ukrainern ergeben hatten. Den Männern wurde der Schädel brutal mit einem Vorschlaghammer eingeschlagen.
Zwei Wagner-Kämpfer namens Michail (35) und Ilya (30) erzählen jetzt in der «Washington Post» jedoch von einer überraschenden Kehrtwende in Prigoschins Vorschlaghammer-Politik. Sie sind vom ukrainischen Militär nahe der umkämpften Stadt Bachmut gefangen genommen worden. Beide sind ehemalige Häftlinge.
«Nicht genug Leute da»
Einer der Männer berichtet, wie Prigoschin ihm noch im Gefängnis erzählt hatte, dass jeder Deserteur «auf null gehen» würde – Prigoschins Ausdruck für die Ermordung der eigenen Männer. Ihm seien Videos gezeigt worden, in denen Wagner-Leute mutmassliche Überläufer erhängten, ihnen die Hände brachen oder sie zu Tode schlugen.
So sei ein Freund erschossen worden, weil er gegen seinen Einsatz in Bachmut protestiert hatte. Dort sterben Unzählige der Wagner-Söldner beim Ansturm auf die ukrainischen Stellungen.
Im Laufe der Monate sei die Mordpolitik bei Regelverstössen allerdings aufgeweicht worden, weil die Wagner-Truppe extrem hohe Verluste in der Ukraine hinnehmen musste. Die Nachfrage nach neuen Kämpfern ist ungebrochen hoch, potenzielle neue Rekruten will Prigoschin nicht abschrecken. Die Tötung von Deserteuren werde nicht mehr praktiziert, sagt Michail. «Wahrscheinlich, weil nicht genug Leute da waren.»
Wirkliche Wertschätzung erfahren die Ex-Häftlinge vom Wagner-Boss nach dessen Kehrtwende weiterhin nicht. So erklärt Ilya, er habe noch keinen einzigen Rubel seines Gehalts erhalten. (nad)