Die Reichen und Schönen in Russland stehen in letzter Zeit immer wieder am Pranger: Wenn sie zu ausgelassen feiern und dies auch öffentlich im Internet zelebrieren, empfinden dies die Unterstützer des Krieges in der Ukraine als Affront gegenüber den Soldaten, die auf dem Schlachtfeld für die Interessen des Landes ihr Leben riskieren.
Das schlägt insbesondere dann hohe Wellen, wenn die Sittenwächter von viel nackter Haut aufgeschreckt werden. Der jüngste Skandal dreht sich um Fetisch-Partys in der Stadt Jekaterinburg. Der Verein Blue Velvet mit mehr als 300 Mitgliedern feierte dort im vergangenen November zweimal ausgelassen im Haus der Offiziere. Das Problem: An dem Ort werden normalerweise hohe Militärs geehrt, die beim Krieg in der Ukraine ums Leben kommen.
«Das ist Blasphemie»
Die regierungsfreundliche Aktivistin Ekaterina Ipatowa ist empört: «Wir finden es inakzeptabel, solche Veranstaltungen im Haus der Offiziere abzuhalten. Es gibt Nachtclubs für Partys, aber sie im Haus der Offiziere abzuhalten, ist Blasphemie.» Dort nehme man schliesslich Abschied von den Soldaten, die in der militärischen Spezialoperation – so die offizielle russische Sprachregelung für den Ukraine-Krieg – gefallen seien.
Ipatowa reichte bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft eine Beschwerde ein, wie das russische Portal E1.ru schreibt. «Die Partygäste trugen angeblich durchsichtige Unterwäsche, tranken Alkohol und nahmen Drogen», heisst im Bericht. Was an den Partys passierte, zeigen auch geleakte Fotos und Videos, die von den Teilnehmern im Internet in geschlossenen Gruppen geteilt werden.
Der stellvertretende Vorsitzende nahm den Hut
Der stellvertretende Vorsitzende des Hauses der Offiziere, Georgy Podkorytow, hat aufgrund des Skandals inzwischen seinen Rücktritt eingereicht. Die Schmutzkampagne gegen das Haus der Offiziere sei ihm unangenehm, so Podkorytow. Ihm zufolge hat der Vorsitzende des Hauses der Offiziere der Fetisch-Party zugestimmt. Doch Podkorytow gibt zu: «Wegen der geteilten Macht war auch ich in diesen Skandal verwickelt.»
Für rote Köpfe sorgte auch eine Party im Moskauer Club Mutabor vom vergangenen Dezember. Die Gäste erschienen dort fast nackt, trugen durchsichtige Oberteile oder Hosen. Aufnahmen davon gingen viral, sorgten bei konservativen Kräften für Furore. Der russische Rapper Vacio, der nur mit einer Socke bekleidet erschienen war, wurde wegen «Werbung für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen» für 15 Tage ins Gefängnis gesteckt. Anschliessend wurde er für den Militärdienst aufgeboten. (noo)