Corona-Impfstoff wirkt auch bei Mutanten-Virus
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Virologe Andreas Cerny:Impfung könnte auch bei Mutanten-Virus schützen

Wissenschaftler zeigen sich besorgt
Wirken bereits entwickelte Impfstoffe gegen die neue Virus-Variante?

Bei dem in Grossbritannien identifizierten hochaggressiven Coronavirus-Strang handelt es sich um eine stark mutierte Variante von Covid-19. Forscher sind überzeugt, dass Impfstoffe vor dieser Virus-Version schützen – solange sich das Virus nicht weiter oft verändert.
Publiziert: 21.12.2020 um 04:21 Uhr
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Aktualisiert: 22.12.2020 um 07:28 Uhr
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Höchste Alarmbereitschaft in Grossbritannien.
Foto: AFP

Die neue hochansteckende Mutation des Coronavirus, die sich derzeit in Grossbritannien ausbreitet, sorgt in Europa für grosse Unruhe. Die Virusvariante verdrängt ältere Versionen des Virus und weist Laborberichten zufolge über eine erhöhte Fähigkeit auf, Zellen zu infizieren. Offenbar handelt es sich um eine ungewöhnlich stark mutierte Virusvariante.

Laut dem Forscher Professor Erik Volz vom Imperial College in London verbreite sich die Virusmutation «sehr schnell, schneller als sich frühere Varianten jemals verbreitet haben», zitiert ihn die BBC. Der an der Universität Basel forschende Bioinformatiker Richard Neher will noch keine Prognose wagen. Man verfüge noch «über wenige harte Fakten». Doch die zahlreichen Mutationen des Virus seien «aussergewöhlich»: «Auf jeden Fall sieht es im Moment so aus, als verbreitete sich diese Variante substanziell besser als die bisherigen», sagte der Virologe dem «Spiegel».

Wirken die Impfstoffe gegen die neue Variante?

Der britische Premierminister Boris Johnson (56) betonte am Wochenende, es gebe keine Hinweise darauf, dass Impfstoffe gegen die Mutation weniger effektiv seien. Auch Neher zufolge sei «erst einmal nicht davon auszugehen», dass die von Biontech/Pfizer und Moderna entwickelten Impfstoffe nun wirkungslos seien.

Die aktuellen Mutationen betreffen das sogenannte Spike-Protein des Erregers, auch Spitzenprotein genannt. Die Impfstoffe trainieren das Immunsystem mit der Struktur genau dieses Proteins auf den Erreger. Neher zufolge sei nicht zu erwarten, dass einzelne Mutationen diese Erkennung komplett verhindern.

Wie auch weitere britische Epidemiologen gegenüber der BBC ausführen, sei mit ziemlicher Sicherheit von einem Impfschutz auszugehen – zumindest im Moment. Wenn es jedoch weitere Mutationen gebe, «dann fängt man an, sich Sorgen zu machen», erklärte Professor Ravi Gupta von der Universität Cambridge «Dieses Virus befindet sich möglicherweise auf einem Weg zur Flucht vor dem Impfstoff», so Gupta, einer sogenannten «vaccine escape». Das Virus habe bereits «die ersten Schritte in diese Richtung unternommen.»

Droht eine «vaccine escape»?

Eine Impfstoff-Flucht erfolgt, wenn sich das Virus ändert, sodass es der vollen Wirkung des Impfstoffs ausweicht und weiterhin Menschen infiziert. Dies wäre die besorgniserregenste Entwicklung, die der neue Virusstrang machen könnte.

Der britische Virologe David Robertson von der Universität Glasgow rechnet bereits mit dieser Entwicklung. Eine Präsentation des Professors am Freitag kam zum Schluss: «Das Virus wird wahrscheinlich in der Lage sein, Impfstoff-Escape-Mutanten zu erzeugen.»

Mutation würde wohl harten Lockdown bringen

Daher beobachtet auch die am Biozentrum der Universität Bern forschende Epidemiologin Emma Hodcroft die Entwicklung mit Sorge. Diese Mutation sei anders, sagte sie dem «Tages-Anzeiger». Das Virus verändere sich «schneller als andere Viren, und das beunruhigt uns». Wissenschaftler würden davon ausgehen, dass die Impfung auch beim mutierten Virus wirksam sein werde. «Wenn sich das Virus aber oft selber verändert, wird das Immunsystem das Spitzenprotein vielleicht einmal nicht mehr erkennen können», so Hodcroft. «Wenn dieser Fall eintreten sollte, wird das Virus schwerer zu bekämpfen sein.»

Sollte das mutierte Virus auch in der Schweiz entdeckt werden und sich hier rasch ausbreiten, werde die Schweiz kaum um einen harten Lockdown herumkommen: «Dann werden wir wohl keine andere Wahl mehr haben.» (kes)

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