Thomas Cueni (67) kämpft an vorderster Front gegen Corona. Seit Monaten eilt der Generaldirektor der IFPMA, des Verbands der internationalen Arzneimittelproduzenten, virtuell von Meeting zu Konferenz zu Hintergrundgespräch. Das zentrale Thema: Was kann Big Pharma gegen das Coronavirus ausrichten?
Selbst Cueni hat nicht mit dem kleinen Schweizer Impfwunder gerechnet: «Die rasche Zulassung des Corona-Impfstoffs von Pfizer/Biontech durch Swissmedic hat mich doch positiv überrascht», sagt der Pharmaexperte im Gespräch mit BLICK. Ein Impfwunder ist es auch deshalb, weil diese Zulassung die erste in einem ordentlichen Verfahren weltweit sei, wie Swissmedic gestern stolz vermerkte.
Zwei Faktoren waren gemäss Cueni ausschlaggebend für den Schweizer Erfolg: Die enge Zusammenarbeit mit der britischen Gesundheitsbehörde MHRA, die mit der Notzulassung weltweit vorpreschte – und das Eintreffen entscheidender Daten in der Schweiz.
Schweiz kauft nur Minimum an Impfdosen
Doch dann ist es auch schon vorbei mit dem Lob, folgen die kritischen Anmerkungen: «Grossbritannien hat einen Tag nach der Zulassung mit dem Impfen begonnen.» In der Schweiz dauert es bis nächsten Mittwoch, bis zum ersten Mal eine Spritze gegen Corona gesetzt wird.
Die Schweiz hat bisher Verträge für rund 15 Millionen Impfstoffdosen abgeschlossen: Dazu gehören nebst den drei Millionen Dosen von Pfizer/Biontech weitere 7,5 Millionen Dosen von Moderna und bis zu 5,3 Millionen Dosen von Astrazeneca. Das sind gerade mal zwei Dosen pro Einwohner. «Das ist das absolute Minimum», sagt Cueni. «Andere Länder haben sich bis zu sechs Dosen pro Einwohner gesichert, Kanada sogar zehn.»
Das Problem: Sollte die Zulassung einer der beiden anderen Impfstoffe von Moderna oder Astrazeneca im letzten Moment verzögert werden oder Engpässe in der Produktion auftreten, wäre die Schweiz plötzlich unterversorgt.
Impfschutz hält auch längerfristig
Mit jedem Tag, an dem nun geimpft wird, verbessere sich das Wissen über Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs von Pfizer/Biontech. «Die Sicherheit des Impfstoffs wird als sehr gut beurteilt, die meisten Nebenwirkungen sind nur vorübergehend», weiss Cueni aus zahlreichen Gespräche mit internationalen Experten.
Für die Zulassung wurde der Impfstoff an rund 40'000 Probanden weltweit getestet. «Vor allem die hohe Wirksamkeit des Impfstoffs hat überrascht. Es kann sein, dass der Impfschutz auch längerfristig anhält», macht Cueni Mut, «doch dazu gibt es noch keine sicheren Daten.» Die Probanden bleiben weiterhin in einer Langzeitstudie, damit man mehr über Nebenwirkungen, aber auch über die Dauer des Impfschutzes erfährt.