Nichts als Eis – dafür ist die Antarktis bekannt. Kein Wunder: Schliesslich ist es dort auch immer kalt. Bis zu minus 30 Grad! Doch aktuell zeigt das Thermometer am Südpol etwas anderes.
Seit Mitte Juli kletterten die Temperaturen in Teilen der Antarktis auf bis zu minus 5. Eigentlich sollten sie jetzt zwischen minus 14 und minus 24 Grad liegen. Eine beispiellose Hitzewelle bringt das Eis ins Schwitzen. Wissenschaftler sind alarmiert über die möglichen Folgen für den Kontinent und den Meeresspiegel weltweit.
Meeresspiegel droht zu steigen – auf über 45 Meter
«Ich bin mir sicher, dass wir mit der Zeit mehr (Auswirkungen) feststellen werden, wenn wir die Hitzewelle besser verstehen, aber im Moment ist es wirklich erstaunlich, was wir sehen», sagt Thomas Bracegirdle, stellvertretender wissenschaftlicher Leiter des Teams Atmosphäre, Eis und Klima des British Antarctic Survey, zu CNN.
Es sei zwar immer noch kalt, aber für antarktische Verhältnisse ist das ungewöhnlich warm. Die Antarktis speichert den Grossteil des Eises unseres Planeten. Würde es komplett schmelzen, stiege der globale Meeresspiegel um über 45 Meter. Selbst kleinere Eisformationen wie der sogenannte «Doomsday Glacier» könnten bei vollständigem Abschmelzen den Meeresspiegel um 3 Meter anheben – katastrophal für Küstenregionen weltweit.
Zusammenbruch des südlichen Polarwirbels ist Hauptgrund
Bracegirdle spricht von «erstaunlichen» Rekordtemperaturen und einem wichtigen Warnsignal. Zwar seien solche Extremereignisse in der Antarktis noch selten, doch der Klimawandel könnte das ändern. Bereits die zweite grosse Hitzewelle innerhalb von zwei Jahren trifft die Antarktis nun. Im März 2022 lagen die Temperaturen sogar bis zu 21 Grad über normal.
Der Klimawandel verstärkte diese Hitzewelle laut einer Studie um 3,6 Grad. Bis 2100 könnte er ähnliche Ereignisse um 9 bis 10,8 Grad verschlimmern. Ein Zusammenbruch des südlichen Polarwirbels ist Hauptgrund für die aktuelle Hitzewelle – ein seltenes Ereignis, das nur alle 20 Jahre erwartet wird. Warme Luftströme aus dem südwestlichen Indischen Ozean verstärkten die Erwärmung zusätzlich. Die Folgen des Eisverlusts sind bereits messbar: Zwischen 2000 und 2020 schmolz 280 Prozent mehr Eis in der Antarktis als in den 1980er und 1990er Jahren.
Mehr derartige Hitzewellen in Zukunft könnten die Antarktis anfälliger für Schmelze machen, warnt David Mikolajczyk vom Antarctic Meteorological Research and Data Center. Auch globale Meeresströmungen, die unser Klima regulieren, wären potenziell betroffen. Mikolajczyk warnt: «Die Antarktis kann sich schneller verändern als gedacht.»