Wiener Spitäler am Anschlag
«Patienten liegen auf dem Gang zum Sterben»

Freie Betten in Wiener Spitälern gibt es kaum mehr. Ärzte schlagen Alarm, es gibt bereits Berichte von Triagen. Die Politik in Österreich dementiert die Vorwürfe.
Publiziert: 15.12.2022 um 19:26 Uhr
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Bei wem sollen die Beatmungsgeräte im Ernstfall abgeschaltet werden? Ärzte in Wien berichten von Triage-Fällen. (Symbolbild)
Foto: imago images/Science Photo Library

Die Spitäler in Wien sind am Limit. Die Arbeitsbelastung für Ärzte ist zu hoch, Pflegepersonal fehlt und freie Betten gibt es auch kaum mehr. «Die Patienten liegen auf dem Gang, um zu sterben», sagt Stefan Ferenci, Vizepräsident der Ärztekammer Wien. Und: «Wir müssen triagieren, wie es nicht einmal zu Covid-Zeiten war.» Doch die Hilferufe der Ärzte werden von der Politik zurückgewiesen.

Wie «ORF» schreibt, klagen 75 Prozent der Mediziner bei einer Umfrage der Ärztekammer Wien von einer zu hohen Arbeitsbelastung. Während sich Ärzte mit bürokratischen Tätigkeiten herumschlagen, werden die Warteschlangen länger und länger. Wartezeiten von bis zu sieben Stunden seien laut Ferenci Alltag im Spital.

Die Situation spitzte sich in den vergangenen Wochen deutlich zu. Gastpatienten werden laut «Oe24» nicht mehr angenommen, es sei denn, die Behandlung ist dringend notwendig. In anderen Fällen seien laut Beschluss des Wiener Gesundheitsverbundes die Heimatbundesländer verantwortlich für die Versorgung.

Keine Zeit für Patienten – Ärzte müssen triagieren

63 Prozent der befragten Ärzte prangern an, dass sie zu wenig Zeit für die Patienten haben. Die üble Folge: Sie müssen entscheiden, wessen Leben sie retten (Triage). «Ich musste mir zum ersten Mal überlegen: Bei wem drehe ich das Beatmungsgerät ab, wenn ich es für einen Notfall brauche?», erzählt ein Arzt, der anonym bleiben will, gegenüber dem «Kurier». Neun Rettungswagen habe er in einer Nacht abgewiesen, «weil kein Intensivbett mehr frei war», sagt er. Was danach mit den Patienten geschah, ist unklar.

«Die Zufriedenheit ist am Tiefpunkt, die Belastung am Höhepunkt», sagt Ferenci in einem Interview mit «Puls24». Das sei fatal, denn wenn Ärzte übermüdet sind, steige die Fehleranfälligkeit, so Ferenci.

Politik dementiert Hilferufe der Mediziner

«Ich glaube, dass hier ganz bewusst im Zuge einer Propaganda-Massnahme der Ärztekammer Geschichten erzählt werden, die keine Basis haben», erklärt Peter Hacker, Wiener Gesundheitsstadtrat und Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Österreich (SPÖ) im Interview mit «Puls24». Er denke nicht, dass die Situation auf der Intensivstation so schlimm sei. «Ich erwarte jetzt Infos von der Ärztekammer», sagt er, «und dass sie nicht nur Gerüchte verbreitet.»

Hacker ist nicht der Einzige, der die Situation herunterspielt. Österreichs Gesundheitsminister Johannes Rauch stehe regelmässig im Austausch mit den Landesspitälern. «Es liegen mir aus den Bundesländern keine Meldungen vor, dass dort besonders dramatische Zustände herrschen», sagt er, betonte aber auch, dass das Ministerium die aktuelle Lage überprüfe.

Der Wiener Gesundheitsverband hält derweil fest, dass die Spitäler aktuell tatsächlich stark belastet sind. Grund dafür sei die Dreifach-Welle bestehend aus RSV-, Corona- und Grippe-Infektionen. (jwg)

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