Westliche G20-Amtskollegen verweigern Gruppenfoto mit Lawrow
Darum floh Putins Aussenminister Sergej Lawrow aus Bali

Er wollte auf der internationalen Weltbühne selbstbewusst auftreten und die Sache Russlands vertreten. Stattdessen wurde Putins Aussenminister Lawrow bei der G20 in Bali kritisiert. Zum Eklat kams, als Amtskollegen ein Gruppenfoto mit ihm verweigerten.
Publiziert: 09.07.2022 um 01:50 Uhr
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Aktualisiert: 09.07.2022 um 10:58 Uhr
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Ab der ersten Minute beim G20-Treffen auf Bali hatte der russische Aussenminister Sergej Lawrow viel Ärger.
Foto: KEYSTONE
Daniel Kestenholz

Es sollte der erste grosse internationale Auftritt von einem führenden russischen Politiker seit Beginn der Ukraine-Invasion am 24. Februar sein. Moskaus Chefdiplomat, Aussenminister Sergej Lawrow (72), wollte beim G20-Aussenministertreffen auf Bali ein standfestes Russland beweisen. Und den Weg für seinen Chef ebnen, Präsident Wladimir Putin (69), wenn im November der Bali-Gipfel der G20-Staats- und Regierungschefs stattfindet. Alles kam anders. Lawrow wurde kritisiert. Und ergriff die Flucht. Reiste vorzeitig vom Treffen ab.

Zum Eklat war es gekommen, als Lawrows westliche Amtskollegen ein Gruppenfoto mit dem Russen verweigerten. US-Aussenminister Antony Blinken (60) führte den Boykott an, wie die japanische Nachrichtenagentur «Kyodo» vor Ort berichtete. Kollegen schlossen sich Blinken an. Später erklärte die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (41), wegen der «kaltblütigen» russischen Aggression in der Ukraine «wird es kein offizielles Foto auf diesem G20-Treffen geben». Sie könne «nicht lächelnd an der Seite von so jemandem stehen».

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Schon vor dem Gruppenfoto, das bei solchen Treffen immer üblich ist, gab es Zoff. Blinken und andere westliche Kollegen beschlossen, einen Empfang am Donnerstag auszulassen, weil Lawrow dort anwesend sein würde. Die Gastgeberin, Indonesiens Aussenministerin Retno Marsudi (59), zeigte Verständnis dafür und respektierte diese Entscheidung.

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Von allen Seiten gab es Kritik an Russland. Bereits bei seiner Ankunft im Luxushotel Mulia im Badeort Nusa Dua rief der ZDF-Korrespondent Andreas Kynast dem russischen Aussenminister auf Englisch zu: «When do you stop the war». Auf Deutsch: «Wann beenden Sie den Krieg.» Ein weiterer deutscher Journalist rief zu Lawrow: «Why don't you stop the war?». «Warum beenden Sie den Krieg nicht?»

Drinnen im Plenum ging es weiter. Gastgeberin Retno Marsudi (59), die indonesische Aussenministerin, rief zum Auftakt des Treffens dazu auf, den Ukraine-Krieg so schnell wie möglich zu beenden. «Es ist unsere Verantwortung, den Krieg eher früher als später zu beenden und unsere Meinungsverschiedenheiten am Verhandlungstisch beizulegen und nicht auf dem Schlachtfeld auszutragen.»

Russische «Gesprächsverweigerung»

Deutschlands Aussenministerin Baerbock kritisierte, Moskau zeige «keinen Millimeter Gesprächsbereitschaft». Baerbock warf Lawrow Gesprächsverweigerung vor. US-Aussenminister Blinken sprach Lawrow direkt zu einer drohenden globalen Hungerkrise an, wie der «Guardian» berichtet: «An unsere russischen Kollegen», sagte Blinken. «Die Ukraine ist nicht euer Land. Ihr Getreide ist nicht euer Getreide. Warum blockiert ihr die Häfen? Ihr solltet das Getreide rauslassen.» Lawrow antwortete, dass Russland wegen der westlichen Sanktionen gar kein Getreide exportieren könne.

Lawrow hielt noch seine kurze Rede und stampfte dann aus dem Saal. Vor Journalisten warf Lawrow dem Westen noch vor, den Übergang zu einer friedlichen Lösung in der Ukraine zu verhindern. Wenn die EU und die USA einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld anstrebten, «dann haben wir wahrscheinlich mit dem Westen nichts zu besprechen». Dies, während Putin in Moskau dem Westen gleichentags vorwarf, «bis zum letzten Ukrainer» kämpfen zu wollen. Dabei hätten Russlands Streitkräfte den Krieg noch gar nicht richtig begonnen.

«Primitive Propaganda»

Auch aus der Ukraine gab es scharfe Worte über Lawrows Auftritt in Bali. Kiew war erbost, dass Lawrow überhaupt eingeladen wurde. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak (50) warf den Russen «primitive Propaganda» vor.

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