Westen besorgt wegen «Fleischwolf» Bachmut
Opfert Selenski zu viele Soldaten?

In der südostukrainischen Stadt Bachmut fallen unzählige Soldaten. Sowohl ukrainische als auch russische. Der Westen kritisiert das, denn die Stadt habe vor allem einen symbolischen und keinen strategischen Wert.
Publiziert: 14.03.2023 um 17:36 Uhr
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Die USA und die Ukraine treten geeint auf. Hier anlässlich des Überraschungsbesuches von US-Präsident Joe Biden in Kiew beim ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski.
Foto: keystone-sda.ch
Tanja von Arx
Tanja von ArxAuslandredaktorin

Die USA und die Ukraine treten geeint auf. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sieht man US-Präsident Joe Biden (80) und den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski (45) bei öffentlichen Auftritten Schulter an Schulter – das beste Beispiel ist der kürzliche Überraschungsbesuch Bidens in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

Doch es gibt zunehmend Risse in der amerikanisch-ukrainischen Beziehung, wie die US-Tageszeitung «Politico» berichtet. Die «Politico»-Journalisten berufen sich auf Gespräche mit rund zehn Beamten, Gesetzgebern und Experten. Im Wesentlichen nennen die Gesprächspartner folgende Gründe für die Spannungen:

1

Das Gemetzel in Bachmut

Allem voran kritisieren viele Amerikaner die brutale, zermürbende Verteidigung der südostukrainischen Stadt Bachmut. Sowohl die russischen als auch die ukrainischen Truppen haben schwere Verluste erlitten – Militärstrategen nennen Bachmut auch den «Fleischwolf». Doch die Regierung in Kiew weigert sich, Bachmut aufzugeben, obwohl dies darüber hinaus mit hohen Kosten verbunden ist.

«Ich möchte die enorme Arbeit, die die ukrainischen Soldaten und die ukrainische Führung in die Verteidigung von Bachmut gesteckt haben, nicht schmälern», sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (69) vor einiger Zeit. «Aber ich denke, dass es sich dabei eher um einen symbolischen als um einen strategischen und operativen Wert handelt.» Die Ukraine hat diesen Input ignoriert.

2

Die proukrainische Pipeline-Sabotage

Für Diskussionen sorgen zudem nicht nur in US-Regierungskreisen die neusten Erkenntnisse des amerikanischen Geheimdienstes – und zwar, was die Sprengung der Pipelines Nordstream 1 und 2 betrifft, die Gas von Russland nach Deutschland transportieren. Demnach stecken nicht wie zunächst angenommen der russische Präsident Wladimir Putin (70) und seine Anhänger dahinter, sondern offenbar eine proukrainische Gruppe.

Gemäss der Zeitung «Politico» geht der US-Geheimdienst zwar nicht davon aus, dass «Selenski und seine Helfer» in die Sabotage verwickelt waren. Aber die Biden-Administration hat Kiew klar zu verstehen gegeben, dass Gewaltakte ausserhalb der ukrainischen Grenze nicht toleriert werden.

3

Die Rückeroberung der Krim

US-Beamte bemängeln ausserdem Selenskis Haltung in Bezug auf Friedensverhandlungen – in einem entscheidenden Punkt: Der ukrainische Präsident beharrt darauf, dass auch die Halbinsel Krim, die schon seit 2014 unter russischer Kontrolle steht, der Ukraine zurückgegeben werden soll, bevor überhaupt irgendwelche Verhandlungen mit Russland stattfinden. Das würde den Krieg nur verlängern.

US-Aussenminister Antony Blinken (60) hat Kiew signalisiert, dass die Rückeroberung der Krim für Putin eine rote Linie darstellen würde, die zu einer «dramatischen Eskalation» führen könnte. Ferner hat das Pentagon immer wieder Zweifel daran geäussert, ob die ukrainischen Streitkräfte in der Lage sind, Russland von der Krim zu vertreiben, wo es sich seit fast einem Jahrzehnt verschanzt hat – obschon sie mit hoch entwickelten, westlichen Waffen ausgerüstet sind.

Obwohl US-Präsident Biden der Ukraine seine Unterstützung zugesagt hat, haben die USA Kiew mittlerweile deutlich zu verstehen gegeben, dass sie die Ukraine nicht unbegrenzt in diesem Mass mit Waffen und Geldern unterstützen können.

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