Wie lange dauert der Krieg? Offenbar nicht länger als drei Jahre. Davon geht auf jeden Fall der Kreml aus.
Am Montag erhielt die russische Staatsduma, also das Unterhaus, einen Gesetzesentwurf zur Prüfung. Der Inhalt: eine Anhebung des Wehrpflichtalters. Im Einzelnen sieht der Gesetzesentwurf die sofortige Anhebung des Höchstalters für die Wehrpflicht vor, und zwar von 27 auf 30 Jahre, während das Mindestalter für die Wehrpflicht von 18 auf 21 Jahre angehoben werden soll. Das Ganze mit einer jährlichen Erhöhung um ein Jahr, zwischen 2024 und 2026.
Will heissen: Die Männer, die zur Wehrpflicht infrage kommen, erhalten jeweils einen Aufschub von drei, zwei und einem Jahr – während die aktuellen, wehrpflichtigen Jahrgänge weiterhin aufreibende Kämpfe in der Ukraine austragen müssen. Daraus schliessen Militär-Analysten von der US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) folgendes: «Der Kreml geht wohl davon aus, dass der Krieg in der Ukraine nicht länger als die nächsten drei Jahre dauern wird.»
«Der Kreml versucht möglicherweise, eine neue Generation von Russen vor den demografischen und sozialen Auswirkungen der Zermürbungskämpfe in der Ukraine zu schützen, indem er diese Auswirkungen auf eine bestimmte Generation von Russen beschränkt», schreiben die Militär-Experten vom ISW.
Sündenbock für den schleppenden Vorstoss der Truppen
Der Gesetzesvorschlag stammt vom russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67). Einst ein guter Kumpel von Kreml-Chef Wladimir Putin (70), ist deren Verhältnis mittlerweile zerrüttet. Der Grund ist der schleppende Ukraine-Krieg. Hierfür muss Schoigu als Sündenbock herhalten.
Die ISW-Experten interpretieren Schoigus Vorstoss so, dass der Kreml den unmittelbaren Bedarf des Militärs in der Ukraine decken will – und den Bedarf in den Folgejahren senken.
Kreml scheut sich «vollständiger Mobilisierung»
Darüber hinaus ist die vorgeschlagene Anhebung der Altersgrenze für die Wehrpflicht ein weiterer Schritt, um keine vollständige Truppen-Mobilisierung auf den Plan zu rufen. «Es deutet darauf hin, dass der Kreml die Aussicht auf eine vollständige Mobilisierung immer noch sehr scheut.»
Der 67-Jährige hat die Anhebung des Wehrpflichtalters schon im Dezember an einer Sitzung des Verteidigungsministeriums vorgeschlagen. Russische Beamte haben sich seither unterschiedlich dazu geäussert, ob diese Anhebung für die anstehende Einberufung der Soldaten im Frühjahr respektive Herbst gelten solle.