Sie kommen in der Nacht. Still und heimlich – und richten grossen Schaden an. Eine ukrainische Drohnen-Eliteeinheit macht Putins Militär-Konvoi ordentlich zu schaffen. Ihr Name: Aerorozvidka.
Gegründet wurde die Truppe 2014 – von einer Gruppe von Modellflugzeug-Begeisterten. Als Russland die Krim angriff, wurden sie kurzerhand ins Militär integriert, da sie Erfahrung mit Drohnen hatten und auch geschickt waren, kaputte Geräte zu reparieren und zu modifizieren. Und nun werden sie im Kampf gegen Putin eingesetzt – mit Erfolg.
Die Aerorozvidka haben es auf russische Panzer, Kommandofahrzeuge und Waffen abgesehen. Ihr Vorgehen ist simpel. Bei Anbruch der Dämmerung stellen die Russen ihre Panzer und Fahrzeuge jeweils zwischen Häusern ab, um sie von der gewöhnlichen Artillerie der Ukrainer zu schützen. Zu diesem Zeitpunkt hat die Aerorozvidka Putins Konvoi aber längst im Visier.
«Suchen gezielt nach dem wertvollsten Lastwagen im Konvoi»
Sobald die Russen dann ihr Lager aufschlagen und ihre Fahrzeuge zurücklassen, warten die Ukrainer nur noch darauf, dass es dunkel wird – und legen los. «Wir schlagen nachts zu, wenn die Russen schlafen», sagt Jaroslaw Honchar, Kommandeur der Luftaufklärungseinheit in Kiew, zur britischen «Times».
Putins Soldaten wissen dabei gar nicht, wie ihnen geschieht. Laut einem Mitglied der Aerorozvidka sei es für die Russen unmöglich, die Drohnen bei Nacht zu sehen. «Wir suchen gezielt nach dem wertvollsten Lastwagen im Konvoi und treffen ihn dann genau, und das mit sehr geringen Kollateralschäden», so der Soldat.
Selbst entwickelte «Bestrafer»-Drohne im Einsatz
Dabei setzt die Spezial-Einheit natürlich nicht bloss einen Drohnen-Typ ein. Sie verfügen über ein ganzes Arsenal. Darunter auch günstige Fluggeräte, die durch die Aerorozvidka in Kriegsdrohnen verwandelt werden. Neben den selbstgebastelten Drohnen sind unter anderem Drohnen des Typs Bayraktar TB2 im Einsatz. Die Drohnen sind verhältnismässig billig – und trotzdem tödlich.
Die Bayraktar TB2 ist klein und leicht und hat eine Flügelspannweite von zwölf Metern. Sie ist funkgesteuert und kann bis zu 30 Stunden am Stück in der Luft bleiben. Laut Hersteller Baykar Technologies kann die Drohne vier lasergesteuerte Raketen tragen.
Ebenfalls im Einsatz ist die R18-Drohne, die über eine Reichweite von vier Kilometern verfügt und mehrere Bomben transportieren kann. Daneben nutzt die Spezialeinheit auch die von der Ukraine selbst entwickelte PD-1 oder auch Punsiher-Drohne genannt, also Bestrafer-Drohne. Sie kann über fast 50 Kilometer mehrere Kilogramm Sprengstoff befördern.
Von der Nato unterstütztes Aufklärungssystem im Einsatz
Die Aerorozvidka fliegen pro Tag etwa 300 Einsätze. Unterstützt werden sie dabei vom Satelliten-Internetdienst Starlink, zur Verfügung gestellt von Tech-Milliardär Elon Musk (50). Kurz nach Beginn des Krieges hatte er das System für die Ukraine freigeschaltet und die nötigen Empfangsanlagen geschickt.
Das Starlink-System läuft direkt über eigene Satelliten. Bedeutet: Die Aerorozvidka können immer fliegen. Unabhängig von Internet- und Stromausfällen. Um genaue Daten zu bekommen, verwendet die Spezialeinheit ein von der Nato unterstütztes Aufklärungssystem mit dem Namen Delta.
Das führt Informationen aus verschiedenen Quellen, darunter Satelliten und Drohnenaufklärung, zusammen. Damit können Ziele noch präziser bestimmt werden. Und die Ukrainer können ihre Bomben und Raketen gezielt einsetzen, um Putins Konvoi schweren Schaden zuzufügen. (jmh)