Weltgremien warnen: Ungeimpfte ärmere Länder bedrohen geimpfte mit neuen Virusvarianten
Zwischen der armen und reichen Welt öffnet sich eine gefährliche Kluft

Führende Weltgremien rufen Industrienationen dazu auf, nicht nur sich selber zu impfen. Die Pandemie bedrohe «uns alle». Nur wenn auch ärmere Länder geimpft werden, können weitere Virusvarianten gestoppt werden. Sonst drohe die Gefahr neuer Lockdowns.
Publiziert: 01.06.2021 um 03:04 Uhr
|
Aktualisiert: 01.06.2021 um 07:23 Uhr
1/10
Bislang sind 99 Prozent der Impfstoffe in reichen Ländern verabreicht worden.
Foto: Dukas

Reichere Länder müssen dringend mehr Covid-Impfstoffe an ärmere Nationen abgeben. Sonst riskieren sie, dass neue Covid-19-Virusvarianten auftauchen und weitere Lockdowns erzwingen. Davor warnen führende Weltgremien wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Welthandelsorganisation (WTO) in einem Artikel, der in führenden Zeitungen wohlhabender Länder erscheint.

Mangels weltweit verfügbarer Impfungen entstehe eine «gefährliche Kluft» zwischen reicheren und ärmeren Nationen, warnen die Autoren. Es bestehe die Gefahr, dass eine «doppelgleisige» Pandemie entstehe: «Zunehmend entwickelt sich eine zweigleisige Pandemie. Die ungleiche Verteilung von Impfstoffen lässt nicht nur ungezählte Millionen von Menschen dem Virus schutzlos ausgeliefert, sondern ermöglicht auch die Entstehung tödlicher Varianten, die sich weltweit verbreiten.»

Selbst Länder mit fortschrittlichen Impfprogrammen seien gezwungen, wieder strenge Massnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu ergreifen. So sehen Experten Grossbritannien wegen der indischen Variante vor der dritten Welle. Dies, obwohl weite Bevölkerungsteile geimpft sind und das Land auf den 21. Juni die vollständige Öffnung plant.

99 Prozent der Impfungen gehen an reiche Länder

Vor dem Gipfel der G7-Finanz- und Gesundheitsminister diese Woche in England fordern die Autoren 50 Milliarden Dollar. Das Geld soll Entwicklungsländern bei Impfprogrammen helfen. Ziel ist, bis Mitte des nächsten Jahres 60 Prozent der Weltbevölkerung geimpft zu haben. Um dies zu erreichen, «müssen Dosen sofort an Entwicklungsländer gespendet werden». Auch werden Investitionen in die Impfstoffproduktion gefordert, um eine zusätzliche Milliarde Impfungen herzustellen.

Arme Nationen haben bisher weniger als ein Prozent der weltweit verabreichten Covid-Impfstoffe erhalten. «Es muss nicht so sein», schreiben die Autoren. «Die Investition von 50 Milliarden Dollar zur Beendigung der Pandemie ist möglicherweise die beste Verwendung öffentlicher Gelder, die wir zu unseren Lebzeiten sehen werden. Es wird eine enorme Entwicklungsdividende zahlen und das Wachstum und den Wohlstand weltweit steigern.» Dann die Warnung: «Aber das Zeitfenster schliesst sich schnell.» Die Pandemie bedrohe «uns alle». (kes)

«Impfungen kennen die meisten nur aus den Nachrichten»
2:49
Impfnotstand im globalen Süden:Ärztin zum Impfnationalismus
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?