Von wegen zu nah an der Grenze
Schweizer wehrt sich mit diesem Bild gegen Russen-Busse

Christian F. musste eine Busse zahlen, weil er diesen Sommer der russischen Grenze zu nah gekommen sein soll. Polizisten in Estland hatten ihn erwischt. Der Zürcher wehrte sich gegen die Strafe – mit Erfolg.
Publiziert: 02.12.2022 um 15:22 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2022 um 09:34 Uhr
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Christian F. liebt es, Grenzen zu besuchen. Im Sommer 2021 war er deswegen in Estland und bekam eine Busse, weil er angeblich zu nahe der russischen Grenze gekommen war.
Foto: Zvg
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Marian NadlerRedaktor News

Christian F.* (46) aus Uster ZH sammelt Fotos an Grenzen. Für sein aussergewöhnliches Hobby war er schon an Grenzen in Europa, Nordamerika, selbst in Nordkorea knipste er ein Bild. Er hatte nie Probleme – ausser in Estland. Dort wurde er gebüsst. Die Strafe: Rund 80 Franken! Der Grund: Er war der russischen Grenze zu nahegekommen.

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«Totaler Quatsch, ich wusste genau, was ich zu tun und zu lassen habe», sagt der Grenzen-Fan zu Blick. Er zahlte die Busse zwar, wehrte sich aber gegen den Entscheid. Grosse Hoffnungen, dass die Behörden in Estland ein Einsehen haben, hatte der Schweizer allerdings nicht. Doch dann bekommt Christian F. am 1. Dezember plötzlich Post. Absender: ein estländisches Gericht. In dem Schreiben heisst es, dass die Strafe annulliert wird.

Im Grenzgebiet zwischen Estland und Russland ist es verboten, an die Grenzlinie zu laufen. 10 Meter Sicherheitsabstand müssen eingehalten werden. Eine Ausnahme gibt es jedoch: den sogenannten Saatse-Stiefel, ein 115 Hektar kleines Grundstück, das zwischen den zwei estnischen Dörfern Lutepää und Sesniki steht. Estland und Russland haben vereinbart, dass die Strasse, auf der dort gefahren wird, zwar russisch ist, dass es aber keine Grenzkontrollen gibt. Es ist somit der einzige Ort, wo man visumfrei in Russland sein kann.

Plötzlich sprang ein Grenzwächter aus den Büschen

Christian F. war das bewusst. Er liess diese verbotene Zone hinter sich, stieg erst auf estnischem Boden aus seinem Mietwagen aus. Hier lief er bis zu einem Schild, dass ihm das Weiterlaufen verbot. Er machte sein Foto und freute sich über den weiteren Meilenstein, den er erreicht hatte.

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Dann die Überraschung: «In dem Moment sprang plötzlich ein estnischer Grenzwächter aus den Büschen und gab mir zu verstehen, dass ich mitkommen muss.» Die Kommunikation verlief laut Christian F. schwierig, da der Grenzpolizist kaum Englisch sprach. Auf der Polizeiwache wurde F. vorgeworfen, er sei zu nah an die Grenzlinie gekommen: 9,5 Meter statt der erlaubten 10 Meter.

«Diese Behauptung hat mich geärgert», so der Schweizer. Bis heute ist er wütend über die Anschuldigung. Er kenne sich schliesslich mit Grenzen aus. Zum Beweis bekam er sogar ein Foto einer Sicherheitskamera vorgelegt, das klar zeige, dass er einen Fehler gemacht habe.

Er plant schon die nächste Reise

Auch wenn er wusste, dass er im Recht ist, zahlte F. die Busse. Er fürchtete sonst, an anderen europäischen Grenzen Probleme zu bekommen.

Die Rüge wollte er aber trotzdem nicht auf sich sitzen lassen. Er bearbeitete den angeblichen Foto-Beweis, zeichnete eigene Linien ein, um zu zeigen, dass er eben nicht zu nahe an der russischen Grenze war. Und damit konnte er auch die Behörden in Estland überzeugen.

Die Busse wurde annulliert. Sehr zur Freude des Zürchers. Die Grenzwache hat eine Woche Zeit, um Einspruch einzulegen. Dass dies passiert, glaubt Christian F. nicht. Für ihn ist die Sache erledigt. Und er plant schon die nächsten Reisen. Nicht an die russische Grenze, sondern nach Island oder Saudi-Arabien.

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