Plötzlich verwandeln sich die schönen Familienferien in einen Albtraum. Aus der Urlaubsdestination wird von einer Sekunde auf die andere ein Kriegsgebiet. Militär in den Strassen, Checkpoints, Sirenengeheul, der Boden zittert vom Einschlag der Raketen. Für viele Schweizerinnen und Schweizer ein unvorstellbares Szenario. Für einige Menschen mit rotem Pass, die sich in Israel aufhalten, ist das die neue Realität. Sie alle wollen nur eines: so schnell wie möglich zurück in die Heimat.
Eine davon ist Nora Refaeil (52). Die Anwältin aus Basel ist Vizepräsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR. Sie bereist zusammen mit Freunden die Region rund um das Tote Meer. Den Moment, in dem sie vom Ausbruch der Gewalt erfuhr, wird sie so schnell nicht mehr vergessen.
«Leute in den Strassen abgeschlachtet»
Zwei ihrer Cousins riefen sie praktisch gleichzeitig an. «Das fand ich komisch.» Als Refaeil dann erfuhr, was geschehen war, fiel sie in eine Art Schockzustand: «Es dauerte ein paar Stunden, bis wir alle verstanden hatten, was das bedeutet. Der Krieg wurde erklärt.»
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Im Kibbuz (Siedlung, Anm. d. Red.) herrscht seit Bekanntwerden des Krieges Aufregung und teils panische Angst. «Wir hörten, dass Leute in den Strassen abgeschlachtet wurden! Stellen Sie sich vor, das würde in der Schweiz passieren.» Auch die Nachricht der über 200 Toten bei einem Angriff auf eine Party in der Wüste sorgte in Refaeils Reisegruppe für Entsetzen.
Für die Gestrandeten gibt es jetzt nur eines: So schnell wie möglich das Land verlassen. Doch so einfach gestaltet sich das nicht. Auf den Strassen des Landes herrscht Krieg, sicheres Geleit ist keine Selbstverständlichkeit. Die Baslerin macht sich mit ihrer Gruppe nun in Richtung Tel Aviv auf, wo ihre 80-jährige Mutter auf sie wartet.
Das EDA bleibt untätig
Noch immer plant das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) keine Rückführungen der eigenen Landsleute. Die Fluggesellschaft Swiss bietet für Dienstag lediglich einen Flug an. Gemäss Informationen, die Blick vorliegen, ist dieser aber bereits ausgebucht.
Nicht so andere Länder: Ungarn holte in der Nacht auf Montag bereits über 200 Landsleute zurück, Bulgarien deren 90. Die Untätigkeit des EDA stösst Refaeil sauer auf: «Die Leute fühlen sich vor den Kopf gestossen. Wir erwarten vom EDA, dass es der Schweizer Bevölkerung zur Seite steht, klar mit uns kommuniziert und uns evakuiert. Wir müssen jetzt dringend hier raus!» Mit dieser Forderung ist sie bei weitem nicht die Einzige.
Vielzahl von Schweizer Landsleuten betroffen
Eine Vielzahl von Nachrichten erreichten Blick seit Ausbruch der Gewalt in Israel. So meldete sich eine sechsköpfige Familie mit Kindern, die verzweifelt darauf warten, endlich ausgeflogen zu werden. «Was hilft mir der Schweizer Pass, wenn wir nicht heimgeholt werden?!», schreibt ein anderer Vater, der mit seinen drei Kindern in Israel festsitzt. Er moniert, dass andere Airlines wie Pegasus (Türkei) oder Emirates (UAE) nach wie vor ein- und ausfliegen. Nur die Swiss und das EDA liessen einen im Ungewissen sitzen. Einfacher wird die Heimkehr für gestrandete Schweizer bestimmt nicht, sagt derweil Nora Refaeil: «Es gibt einen riesigen Krieg, einen langen Krieg.»
Ein Schweizer, dessen Freundin aktuell darauf wartet, heimkehren zu können, fasst es in einem E-Mail an Blick wie folgt zusammen: «Die offizielle Schweiz enttäuscht schwer!»