Donald Trump (78) möchte den Krieg in der Ukraine rasch beenden. Wie aber kann es der nächste US-Präsident schaffen, einen Frieden zu vermitteln?
Dafür muss Trump den russischen Präsidenten Wladimir Putin (72) bearbeiten. Das gelingt nicht, indem Trump einseitig die Ukrainehilfe einstellt. Denn dann wäre es für Putin vorteilhaft, weiterzumachen und sich die ganze Ukraine einzuverleiben. Auch auf seine «gute» persönliche Beziehung zu Putin kann Trump keinen Frieden bauen. Viel zu viel hat der Kreml schon in den blutigen Feldzug investiert.
Klar ist also: Trump muss massiven Druck auf Putin ausüben, um ihn an den Verhandlungstisch zu kriegen. Dafür hat der nächste US-Präsident einiges in der Hinterhand – und Putin einen wunden Punkt.
Stärkere Waffen liefern
Diese Woche haben die USA den militärischen Druck erhöht, indem sie das ATACMS-Raketensystem für die Ukraine freigegeben haben. Trotz der ablehnenden Haltung aus dem Trump-Lager ist denkbar, dass Biden dies in Absprache mit seinem Nachfolger getan hat: Die russische Armee ist nun auf eigenem Territorium weniger sicher, Nachschub und Organisation werden komplizierter und damit teurer.
Doch der Krieg ist bereits jetzt eine riesige Belastung für die russische Wirtschaft. Für das Jahr 2025 plant Moskau insgesamt 40 Prozent der Haushaltsausgaben für Militär und Sicherheit ein – der Grossteil davon für den Angriffskrieg.
An Putins Portemonnaie
In der ZDF-Talkshow von Markus Lanz (55) skizzierte Rüdiger von Fritsch (70), ehemaliger deutscher Botschafter in Moskau, am Mittwoch einen Weg, wie der nächste US-Präsident dem Kremlchef «ans Portemonnaie gehen» könnte.
«Dieser Krieg ist extrem teuer für Russland», betonte von Fritsch. Die Sanktionen, die nach der Invasion vom 24. Februar 2022 eingesetzt wurden, zeigten weiterhin Wirkung. Die Inflation im Land ist hoch. Im letzten Jahr wurde Butter 25 Prozent teurer, Kartoffeln gar um 50 Prozent. Die russische Zentralbank hat ihren Leitzins im Oktober auf 21 Prozent erhöht – was alle, die Zinsen zahlen müssen, vor Probleme stellt.
Den Ölpreis senken
Gemäss von Fritsch finanziert Putin den Krieg primär über zwei Wege: Er verbraucht einerseits die beachtlichen Reserven aus dem russischen Staatsfonds. Seit Kriegsbeginn seien die flüssigen Mittel von 175 auf 50 Milliarden US-Dollar gefallen.
Andererseits verwendet Putin die Einnahmen aus dem Verkauf von Öl und Erdgas. Russland benötige jedoch einen Ölpreis von etwa 70 Dollar pro Fass, erklärte von Fritsch. Im Moment liege der Verkaufspreis für Russland aber eher bei 60 Dollar, weil das Land China einen Rabatt gewähren muss. «Wenn der Preis noch weiter runtergeht, wird es schwierig», so der ehemalige deutsche Botschafter.
Hier kann Trump ansetzen. Er hat bereits das Motto «Drill, Baby, drill!» ausgegeben, um die US-Ölförderung hochzufahren. Zudem könnte er Teile der nationalen Reserve freigeben, um den Ölpreis schnell nach unten zu treiben.
«Das ist die Achillesferse von Putin», sagte von Fritsch. So könnte die Finanzierung des Krieges noch schwieriger werden. «Dann müsste Putin fürchten, zu Hause in Schwierigkeiten zu kommen», sagte der Ex-Botschafter.
«Mehr Waffen, weniger Einschränkungen»
Ein ähnliches Vorgehen hat auch Michael Waltz (50) vorgeschlagen, den Trump inzwischen als nationalen Sicherheitsberater nominiert hat. Im «Economist» schrieb er noch vor den Wahlen: «Amerika kann wirtschaftliche Druckmittel einsetzen, darunter die Aufhebung des Exportstopps für Flüssiggas und ein hartes Vorgehen gegen Russlands illegale Ölverkäufe, um Putin an den Verhandlungstisch zu bringen.»
Wenn Putin Gespräche ablehne, könne Washington «der Ukraine mehr Waffen mit weniger Einschränkungen für deren Einsatz liefern».
Selenskis Hoffnung auf Trump
Auch Wolodimir Selenski (46) setzt Hoffnungen auf Trump. In einem Radiointerview erklärte er kürzlich: «Mit der Politik des Teams, das bald an der Spitze des Weissen Hauses steht, wird der Krieg schneller beendet sein.» Die Ukraine werde ihren Teil tun, «damit dieser Krieg nächstes Jahr endet, und zwar mit diplomatischen Mitteln.»
Wichtig für Trump ist das Signal, welches ein möglicher Ukraine-Frieden aussendet. Er ist sich bewusst, dass der chaotische Rückzug Bidens aus Afghanistan im Jahr 2021 das Ansehen des «Weltpolizisten» geschwächt hat.
Trump darf Putin daher keinen ungetrübten Sieg gewähren, obwohl wichtige Teile der Ukraine wohl provisorisch unter russischer Kontrolle bleiben werden. Im Gegenzug muss Trump der Ukraine sehr stabile Sicherheitsgarantien geben. So könnten die USA ihre Rolle als internationale Ordnungshüterin fortsetzen, damit das Beispiel Putins nicht Schule macht.