«Unwissenschaftlich und führt zur Verunsicherung in der Bevölkerung»
Kritik an Killervarianten-Szenario von Lauterbach

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach warnte am Wochenende vor einer massiven Verschlechterung der Corona-Situation. Unter anderem soll uns im Herbst eine Corona-«Killervariante» blühen. Jetzt kritisieren andere Virologen den Politiker.
Publiziert: 19.04.2022 um 12:21 Uhr
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Aktualisiert: 19.04.2022 um 15:36 Uhr
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Am Wochenende warnte Karl Lauterbach vor einer Corona-«Killervariante».
Foto: keystone-sda.ch

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (59) ist bekannt für seine radikalen Prognosen. So prophezeite er am Wochenende eine drastische Verschlechterung der Corona-Situation im Herbst und warnte vor einer «Killervariante».

«Es ist durchaus möglich, dass wir eine hochansteckende Omikron-Variante bekommen, die so tödlich wie Delta ist. Das wäre eine absolute Killervariante», so der Wissenschaftler gegenüber der «Bild am Sonntag». Jetzt erntet der SPD-Politiker aber für seine Aussagen mächtig Kritik. Und das von einer Vielzahl von Berufskollegen, wie «Focus» berichtet.

Lauterbach wegen Subvarianten alarmiert

Mit der Kreuzung XE tauchte kürzlich eine neue Omikron-Variante auf. Unter anderem die Subtypen BA.1, BA.2, BA.4 und BA.5 kamen dabei aufs Tapet, wobei lediglich die letzteren beiden von der Weltgesundheitsorganisation als «besorgniserregend» eingestuft wurden.

International sehen die Fachleute aber keinen Grund zur Panik. Zudem gebe es auch keine Hinweise darauf, dass eine der Mutationen gefährlicher als das Ursprungs-Omikron sein könnte. Lauterbach dagegen schlägt Alarm: «Es entwickeln sich gerade diverse Omikron-Subvarianten, die für mich Anlass zur Besorgnis sind. Die Abstände, in denen neue Varianten die alten ablösen, werden immer kürzer. Das bedeutet, dass wir uns immer schlechter auf die Mutationen vorbereiten können.»

Sterblichkeit deutlich zurückgegangen

Ausgeschlossen sei dieses Szenario nicht. Führende Experten in Deutschland halten es aber für äusserst unwahrscheinlich und widersprechen Lauterbach. So zeigte sich Infektiologe Christoph Spinner (38) bezüglich den Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 recht entspannt. Die Omikron-Mutationen seien zwar leichter übertragbar als vorherige Varianten, aber sie seien nicht für schwere Krankheitsverläufe verantwortlich. Das zeige sich auch in den aktuellen Zahlen: «Die Sterblichkeit ist deutlich zurückgegangen», sagt der Münchner Oberarzt.

Nur weil immer wieder neue Varianten entstehen, heisse das nicht, dass sie automatisch gefährlich sind – «selbst wenn sie leichter übertragbar sind».

Ins selbe Horn blasen die Virologen Hendrik Streeck (44) und Jonas Schmidt-Chanasit (43). Und sie setzen noch einen obendrauf. «Der Begriff ‹Killervariante› ist unwissenschaftlich und führt zu nichts als Verunsicherung in der Bevölkerung», sagt Schmidt-Chanasit gegenüber dem norddeutschen Rundfunk NDR. Zudem halte auch die WHO eine solche Variante für «ein sehr unwahrscheinliches Szenario».

Streeck formuliert es so: «Wenn man das Virus zur Veranschaulichung vermenschlicht, dann will es leichter übertragen werden, den Immunantworten entgehen und gleichzeitig nichts von seiner eigenen Fitness verlieren. Krankmachende Eigenschaften gehören nicht dazu.» Andere Wissenschaftler beschreiben diese Entwicklung ebenfalls.

Virus lege keinen «Rückwärtsgang» ein

Auch Chefvirologe Ulf Dittmer (56) ist überzeugt, dass die Varianten nicht mehr gefährlicher werden können. Die Evolution des Virus lege keinen «Rückwärtsgang» ein. «Dass so ein Virus wieder so tödlich wie Delta sein könnte, halte ich für sehr unwahrscheinlich», sagte der Virologe nach dem Auftauchen von Omikron XE.

Andere Virologen bestätigen ebenfalls, dass durch die hochansteckende Omikron-Variante und die Impfungen das Immunsystem der Menschen nun auf das Virus vorbereitet sei. (dzc)


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