Nahezu eine halbe Million Menschen könnten in Wuhan mit dem Coronavirus infiziert gewesen sein – damit wäre die Zahl bis Sonntag offiziell bestätigter Fälle fast zehn mal so hoch wie bislang kommuniziert.
Bislang wurden in Wuhan 50'354 bestätigte Fälle von Covid-19 gemeldet. Doch in Wahrheit könnten es rund 480'000 Fälle sein. Die neuen Erkenntnisse basieren auf einer Studie, die vom chinesischen Zentrum für Seuchenkontrolle und Prävention (CDC) aufgestellt wurde. Hierfür wurden Blutserumproben ausgewertet, einen Monat nachdem China die Pandemie eingedämmt hatte.
Mit Stichproben Infektionsraten geschätzt
Für die Studie wurden Stichproben von 34'000 Personen der Allgemeinbevölkerung in Wuhan sowie anderen Gegenden verwendet, um die Covid-19-Infektionsraten zu schätzen. Die Forscher fanden eine Antikörper-Prävalenzrate (Häufigkeit) von 4,43 Prozent für Covid-19 unter den Bewohnern von Wuhan. Bis April hätten sich also rund zehn Mal mehr Menschen angesteckt als gemeldet.
Die Studie zeigt aber auch: Die Häufigkeit der Ansteckungen ausserhalb Wuhans in der Provinz Hube ist deutlich niedriger. Gerade mal 0.44 Prozent wiesen Coronavirus-Antikörper auf. Ausserhalb der Provinz Hubei sind es sogar noch weniger: Von 12'000 getesteten Personen wiesen gerade einmal zwei davon Antikörper auf.
Chaos als Grund für Untererfassung
Yanzhong Huang, ein hochrangiger Mitarbeiter für globale Gesundheit beim Council on Foreign Relations, sagte, die Studie weise auf das Problem hin, dass während des Höhepunkts der Pandemie in Wuhan zzu wenig Fälle erfasst wurden. Als Grund dafür sieht er das Chaos zu dieser Zeit, aber auch den Fehler, asymptomatische Fälle nicht in die Erfassung einzubeziehen.
Im Januar und Februar fluteten Patienten mit Fieber die Spitäler. Wegen des Mangels an Personal, Infrastruktur und medizinischen Ressourcen wurden viele wieder nach Hause geschickt und angewiesen, sich in Selbstisolation zu begeben. Dies hatte zur Folge, dass die Patienten ihre Familien ansteckten oder zuhause starben, ohne dabei in die offizielle Statistik aufgenommen zu werden.
Problem geht noch tiefer
Doch das Problem geht noch weiter: Die verkündeten Daten waren optimistischer als diejenigen, zu denen die Beamten Zugang hatten. Seit dem 12. Februar nehmen die Gesundheitsbehörden von Hubei «klinisch diagnostizierte Fälle» in die Zählung der bestätigten Infektionen auf. Am 12. Februar wurden daher 13'000 weitere Fälle dazugerechnet. Dies hatte zur Folge, dass die täglichen Infektionszahlen von einen Tag auf den anderen um das neunfache in die Höhe schnellten.
Veröffentlichte Dokumente des Hubei Provincial Center for Disease Control and Prevention zeigen: Die Behörden hatten vor dem 12. Februar «klinisch diagnostizierte Fälle» intern kommuniziert, aber nicht veröffentlicht. Die Dokumente wurden «CNN» durch einen Whistleblower zugestellt. (myi)