Nach der Bundestagswahl vom Sonntag bringen sich in Deutschland zwei Kanzlerkandidaten zur Regierungsbildung in Stellung: Wahlsieger Olaf Scholz (63) von der SPD und der unterlegene Armin Laschet (60) von der CDU/CSU. Trotz Wahlschlappe will Laschet eine Regierung bilden, und zwar buhlt er um die gleichen Parteien wie Scholz, nämlich um die Grünen und die FDP.
Doch Laschet weht aus den eigenen Reihen ein eisiger Wind um die Ohren. Prominente Köpfe fordern sogar, dass er den Bettel hinschmeisst und die CDU/CSU auf eine Regierungsbeteiligung verzichtet.
Kein Anspruch auf Regierungsbeteiligung
Ganz hart ins Gericht geht mit Laschet die Landtagsabgeordnete Ellen Demuth (39) aus Rheinland-Pfalz. «Wenden Sie weiteren Schaden von der CDU ab und treten Sie zurück», twitterte sie.
Ebenfalls zu den scharfen Kritikern gehört der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (46). «Ich sehe einen klaren Wählerwillen, der deutlich gemacht hat: Die Union ist dieses Mal nicht die erste Wahl», wetterte er. Er könne nicht verstehen, dass die Parteileitung von einem Regierungsauftrag spreche.
Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (54), der in der unionsinternen Ausmarchung Laschet als Kanzlerkandidat unterlegen war, sagte, dass die Union nach dem Absturz bei der Bundestagswahl keinen zwingenden Anspruch auf die Regierungsführung erheben könne. Die Union sei auf Platz zwei und nicht eins gelandet. Söder: «Wir dürfen es nicht schönreden.»
Lachen kostete viele Stimmen
Besonders gross ist der Ärger bei der Jungpartei der CSU. Laschet sei in jedes Fettnäpfchen getreten, in das man habe treten können, hiess es. Damit spielen die Jungen unter anderem darauf an, dass Laschet bei einem Besuch eines Hochwasser-Flutgebiets lachend fotografiert worden war. Dieses unsensible Lachen, so meinen nach der Wahl viele, habe Laschet sowie der Union den Wahlsieg gekostet.
Armin Laschet war gerade innerhalb der bayerischen CSU schlecht akzeptiert worden. In einzelnen Landstrichen wurde sein Plakat gar nicht aufgehängt. Viel lieber hätten sie ihren Markus Söder als Kanzlerkandidaten der Union gesehen. Söder, der ja in Umfragen immer viel beliebter war als Laschet.
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Die CDU/CSU, die mit Angela Merkel (67) in den vergangenen 16 Jahren die Kanzlerin gestellt hatte, stürzte innerhalb von vier Jahren von 32,9 Prozent auf einen historischen Tiefpunkt von 24,1 Prozent ab. Die SPD machte einen Sprung von 20,5 auf nun 25,7 Prozent.
Wann gibt er auf?
Laschet gestand am Montag vor den Medien ein, dass das Ergebnis die Union nicht zufriedenstellen könne. Aber immerhin habe er im Schlussspurt noch aufgeholt und eine rot-rot-grüne Koalition verhindert, da die Linken mit fünf Prozent praktisch in die Bedeutungslosigkeit gefallen sind.
Er gab auch zu, dass er am schlechten Resultat seinen persönlichen Anteil habe. Und sagte: «Eine Erneuerung der Union muss stattfinden – auf allen Ebenen.»
Das ist eine für ihn sehr gefährliche Aussage, denn eine grundlegende Erneuerung der Partei kann nur ohne Politiker wie Laschet geschehen. Gut möglich daher, dass die Union auf internen Druck hin Laschet schon bald aus dem Rennen nimmt und sowohl aufs Kanzleramt als auch auf eine Regierungsbeteiligung verzichten wird.