Mit seiner Invasion in die Ukraine schafft sich der russische Präsident Wladimir Putin (69) immer mehr Feinde. Auch Staaten, mit denen er zusammenarbeitet oder bisher gute Kontakte pflegte, wenden sich ab.
So hat Kasachstan, ein Nachbar und Verbündeter Russlands, ein Gesuch abgelehnt, den russischen Truppen beim Krieg in der Ukraine zu helfen. Auf Berufung auf Beamte berichtet BBC weiter, dass die ehemalige Sowjetrepublik unter Präsident Kassym-Schomart Tokajew (68) auch die sogenannten Volksrepubliken von Luhansk und Donezk nicht als selbständige Staaten anerkenne.
Dieser Entscheid dürfte Putin brüskieren. Schliesslich schickte der Kreml im Januar «Friedenstruppen» nach Kasachstan, um der Regierung zu helfen, die heftigen Proteste niederzuschlagen. Die beiden Länder gehören der von Russland angeführten Militärallianz OVKS an.
«Blosse Worte» reichen nicht
Der tschechische Präsident Milos Zeman (77) galt bis zur Invasion als russlandfreundlich, weil er sich gegen harte Sanktionen ausgesprochen hatte. Nun hat er den Ton gegen den Kreml massiv verschärft und fordert den Swift-Ausschluss Russlands. «Blosse Worte» würden nicht mehr reichen, die Invasion zu stoppen, sagte er.
Lange hatte sich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban (58) nicht zum Aufmarsch der russischen Truppen geäussert. Nach der Invasion wird er deutlich: «Gemeinsam mit unseren Verbündeten der EU und der Nato verurteilen wir Russlands Militäraktion».
Diese Aussage führt in Brüssel zu Aufatmen, denn in den vergangenen Jahren hatte sich Orban um enge Beziehungen zu Putin bemüht.
Linke geben sich kleinlaut
Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (68) hat die Angriffe Russlands verurteilt. Er, der sich in den vergangenen Jahren an Putin angenähert hatte, bezeichnete die Invasion als einen schweren Schlag für den Frieden und die Stabilität in der Region. So weit, dass er auf Ersuchen der Ukrainer die Meeresengen des Bosporus und der Dardanellen für russische Schiffe blockiert, geht er aber nicht.
In Deutschland sind es die bisher russlandfreundlichen Linken, die nun gegen den Kreml schiessen. Noch einen Tag vor der Invasion verteidigte die Bundestagsabgeordnete Sahra Wagenknecht (52) Putin. Er sei kein «durchgeknallter russischer Nationalist, der sich daran berauscht, Grenzen zu verschieben», wie es immer heisse.
Nun sieht sie ein, dass sie sich geirrt hat. «Die russischen Truppen müssen zurückgezogen werden», schreibt die Partei in einer Mitteilung.
Serben schweigen
Nur noch wenige halten zu Putin. In Europa ist es der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko (67), der mit den Russen sogar im Krieg zusammenspannt.
Und es ist halbwegs auch Serbien, das im Kosovokrieg 1999 von Russland unterstützt wurde. Die der Regierung von Aleksandar Vucic (51) nahestehenden Zeitungen verurteilten zwar die Angriffe, geben aber den Ukrainern die Schuld.
Vucic, der sein Land in die EU führen will, selber schweigt. Das sorgt für Kritik. Boris Ruge (59), Diplomat und Vizechef der Münchner Sicherheitskonferenz, schreibt auf Twitter: «Ich konnte nichts von Präsident Vucic über Putins Angriffskrieg auf die Ukraine finden. Könnte die Regierung von Serbien freundlicherweise die EU, ihre Mitgliedstaaten und den Rest der Welt darüber informieren, wo sie steht?»
Auch in Russland wächst der Widerstand. Künstler, Wissenschaftler, Sportler, Lehrer: Viele Gruppierungen sammeln Unterschriften und kritisieren Putin aufs Schärfste. Nur die schwerreichen und einflussreichen Oligarchen scheinen noch zu ihm zu halten. (gf)