Die grosse Mehrheit der Russinnen und Russen befürwortet das Vorgehen der russischen Armee in der Ukraine. Laut einer repräsentativen Umfrage des Lewada-Zentrums, des einzigen unabhängigen Meinungsforschungsinstituts im Land, stehen 81 Prozent der Bevölkerung hinter der «militärischen Sonderoperation», wie der Krieg in Russland genannt wird. 53 Prozent unterstützen das Vorgehen der russischen Streitkräfte «auf jeden Fall», 28 Prozent «eher». Nur 14 Prozent lehnten eine Unterstützung ab, die übrigen 6 Prozent blieben unentschlossen.
Am grössten ist die Unterstützung bei der älteren Generation und der Landbevölkerung. In Moskau und anderen grösseren Städten liegt sie etwas tiefer, ebenso bei der jüngeren Generation.
«Stolz auf Russland» herrscht vor
Als Motiv für die Zustimmung zu Putins Vorgehen gab die Mehrheit der Befragten den «Schutz der russischsprachigen Bevölkerung» oder die «Grenzsicherheit» an. Damit folgen sie der offiziellen Sprachregelung des Kremls als Rechtfertigung für den Einmarsch in der Ukraine. Diejenigen, die dagegen sind, begründeten ihre Haltung damit, dass Gewalt und der Verlust von Menschenleben nicht hinnehmbar seien.
Die russische Invasion in der Ukraine löste bei mehr als der Hälfte der Befragten «Stolz auf Russland» aus, nur 12 Prozent sprachen von einem «Schock». In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen herrschen hingegen Gefühle wie Angst, Furcht und Entsetzen vor.
«Westen ist von USA und Nato bestochen»
Zur Frage, warum die meisten Länder das russische Vorgehen in der Ukraine verurteilen, waren die Meinungen geteilt. Ein Drittel der Befragten ist der Ansicht, dass der Westen von den USA und der Nato bestochen worden sei. 29 Prozent glaubt, dass man im Ausland von den westlichen Medien falsch informiert werde, und 27 Prozent, dass die Welt schon immer gegen Russland war.
Aufschlussreich ist, dass die jungen Erwachsenen die westliche Ablehnung der Invasion eher darauf zurückführen, dass Russland das Völkerrecht und die Rechte der Ukraine verletzt habe. Vermutet wurden in dieser Generation aber auch Empörung über das russische Vorgehen oder Angst, dass Russland dem eigenen Land dasselbe antun könnte wie der Ukraine.
Umfragen unter schwierigen Bedingungen
Die Umfragen des Lewada-Zentrums gelten als beste Indikatoren für die öffentliche Meinung in Russland. Dennoch sind die Resultate mit Unsicherheit behaftet. Die Meinungsforscher hatten bereits vor dem Krieg darauf hingewiesen, wie schwierig es ist, Umfragen zur Ukraine durchzuführen, wie der «Spiegel» schreibt.
Nach der Verschärfung der Gesetze ist davon auszugehen, dass insbesondere diejenigen Russinnen und Russen, die gegen den Krieg sind, nicht mehr bereit sind, selbst an anonymen Umfragen teilzunehmen. In Russland ist unter Strafe verboten, mit Blick auf die Ukraine von »Krieg« oder »Invasion« zu sprechen. (sst)