«Die Russen rächen sich für Verluste auf dem Schlachtfeld»
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Ignat zu Bombardierungen:«Die Russen rächen sich für Verluste auf dem Schlachtfeld»

Ukrainischer Armeesprecher widerspricht Selenski im Blick-Interview
«Können nicht ausschliessen, dass es sich um ukrainische Rakete handelt»

Über 100 Geschosse feuerte Russland am Dienstag auf die Ukraine ab. Jetzt erklärt der Luftwaffensprecher der ukrainischen Armee, was dahintersteckt.
Publiziert: 17.11.2022 um 20:52 Uhr
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Aktualisiert: 25.11.2022 um 14:07 Uhr
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Juri Ignat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe.
Foto: via VKontakte
Olha Petriv, Sven Ziegler

Noch nie regneten so viele Raketen an einem Tag auf die Ukraine nieder wie am Dienstag. Schon in den frühen Morgenstunden heulen im ganzen Land die Sirenen, der Beschuss reisst praktisch nicht mehr ab. Die erneuten Raketenangriffe treffen die gesamte Ukraine schwer, vielerorts wird Energie-Infrastruktur beschädigt. Abends bleiben die Lichter in vielen Orten aus. Die Hälfte der Kiewer Bevölkerung ist ohne Strom, in Lwiw sind es rund 80 Prozent.

«Insgesamt wurden wir mit 96 Raketen, zwei Marschflugkörpern und zehn iranischen Shahed-Drohnen beschossen», sagt Juri Ignat, Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, im Interview mit Blick. «Daneben wurden die Städte an der Front im Osten erneut zum Ziel weiterer Angriffe und Artilleriebeschüsse. Das zeigt einmal mehr: Wir stecken mitten im Krieg, es ist die Konsequenz des russischen Angriffskriegs.»

Ignat sagt, die Luftabwehr funktioniere mehrheitlich. «Wir konnten 75 der 96 abgefeuerten Raketen abfangen.» 21 Raketen seien auf ukrainischem Boden eingeschlagen. «21 Raketen mit jeweils 40 Kilo Sprengladung – das sind starke Explosionen. Eine einzelne Rakete kann ein ganzes Umspannwerk lahmlegen», sagt der Luftwaffensprecher. «Es handelt sich also um eine verstärkte Angriffswelle im Vergleich zu den Angriffen der vergangenen Wochen.»

Der ukrainischen Luftwaffe sei es allerdings gelungen, sämtliche iranische Kamikaze-Drohnen abzuschiessen. So habe weiterer Schaden verhindert werden können. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben des Armeesprechers nicht.

«Vorfall sauber aufarbeiten»

Der schwere Beschuss der Ukraine geriet am Dienstag angesichts eines Raketenabsturzes in Polen in den Hintergrund. Eine der ukrainischen Luftabwehrraketen schlug im Dorf Przewodow direkt an der Grenze zur Ukraine ein. Es war das erste Mal, dass eine Rakete in einem Nato-Land einschlug. Die Welt war in Alarmbereitschaft. Experten stufen den Einschlag mit zwei Toten allerdings eher als Unfall ein.

«Wir können tatsächlich nicht ausschliessen, dass es sich um eine ukrainische Luftabwehrrakete handelt. Es könnte sich aber auch um ein russisches Geschoss handeln, das von einer ukrainischen Abwehrrakete abgeschossen wurde», sagt Ignat. «Aufgrund des Abschusses ist es möglich, dass nicht nur eine, sondern zwei Raketen – eine russische und eine ukrainische – in Polen abgestürzt sind. Es ist wichtig, dass der Vorfall sauber aufgearbeitet wird.»

Kämpferische Ansage

Die Ukraine schiesse lediglich russische Raketen ab, stellt der Luftwaffensprecher klar. Die Wahrscheinlichkeit, dass Trümmerteile von Raketen auch ausserhalb des ukrainischen Staatsgebietes einschlagen können, sei hoch. «Bereits vor einigen Wochen hat Russland den Luftraum von Moldau mit zwei Marschflugkörpern verletzt. Die Ukraine hat die Raketen abgeschossen, die Trümmerteile sind über Moldau abgestürzt», so der Sprecher.

Ignat gibt sich kämpferisch: Ewig werde der Beschuss Russlands nicht anhalten. «Sie können uns nicht jeden Tag beschiessen. Dafür fehlen ihnen die Waffen. Russland will der Welt etwas beweisen, das es nicht kann. Es ist offensichtlich, dass sie nicht so viele Raketen haben wie gewünscht.»

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