Scarlett (5) überlebt Corona und Kawasaki-Syndrom
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20 Prozent Genesungschance:Scarlett (5) überlebt Corona und Kawasaki-Syndrom

Tückische Hepatitis-Variante breitet sich aus
Schwere Leberentzündung bei Kindern alarmiert auch die Schweiz

Sie taucht Anfang April in europäischen Ländern und in den USA auf. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten ECDC meldet 190 Fälle der mysteriösen Hepatitis-Form bei Kindern. Wie gefährlich das Virus ist, erklärt Virologe Andreas Cerny.
Publiziert: 27.04.2022 um 17:52 Uhr
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Kämpften schon während der Pandemie an einer erbarmungslosen Front: Chirurgen des Spitals Papa Giovanni XXII in Bergamo (I). Vor einigen Tagen nahmen sie bei einem Elfjährigen eine Lebertransplantation vor. Diagnose: Hepatitis unbekannter Ursache.
Foto: screenshot Sky News
Myrte Müller

Die Türen sind verschlossen. Beklommenheit herrscht auf der pädiatrischen Abteilung des Spitals Papa Giovanni XXIII in Bergamo (I). Die Stimmung ist ähnlich wie im Frühjahr vor zwei Jahren. Damals standen die Ärzte vor einer rätselhaften Krankheit. Kleine Kinder erkrankten schwer an einer Form des Kawasaki-Syndroms. Sie litten an schweren Gefässentzündungen. Mögliche Folge einer Corona-Infektion, so die Vermutung in jenen Schreckenstagen der Pandemie.

Auch im April dieses Jahres haben die Chirurgen mit einer mysteriösen Virusvariante zu tun. Es geht um eine bislang unbekannte Hepatitis-Form, die vor allem kleine Kinder befällt. Auf dem OP-Tisch liegt ein Elfjähriger. Seine einzige Überlebenschance ist die Lebertransplantation. Auf der gleichen Etage wird noch ein sechsjähriges Mädchen behandelt. Diagnose auch hier: Hepatitis unbekannter Ursache. Neun weitere Verdachtsfälle aus acht Regionen des Landes sind bekannt.

169 Hepatitis-Fälle in zwölf Ländern

Nicht nur Italien meldet zunehmend Fälle dieser mysteriösen Variante. «Gemäss letzten Informationen der Weltgesundheitsorganisation WHO sind bis zum 23. April 2022 insgesamt 169 Fälle gemeldet worden. Betroffen sind Kinder im Alter zwischen einem Monat und 16 Jahren», sagt der Tessiner Epidemiologe Andreas Cerny. Die deutsche Ärztin Andrea, Chefin des ECDC korrigierte gestern die Zahl auf 190 nach oben.

Die meisten Fälle stammen aus Grossbritannien und Nordirland. Dort erkrankten 114 Kinder. Spanien meldet 13 Fälle, Israel zwölf, die USA neun, Dänemark sechs, Irland fünf, die Niederlanden vier. In Norwegen und Frankreich sind es jeweils zwei. Rumänien und Belgien melden je einen Fall. Die Schweiz scheint hingegen bislang von der neuen Virusvariante verschont.

«Bisher haben wir keine Informationen zu akuten schweren Hepatitiden bei Kindern erhalten, bei denen Hepatitis A bis E ausgeschlossen wurde», sagt Daniel Dauwalder, Mediensprecher des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Für letztere Hepatitis A und E gäbe es eine Meldepflicht. Da in Europa gesamthaft noch wenige Fälle aufgetreten seien, gäbe es vom BAG noch keine spezifischen Empfehlungen, so Dauwalder weiter.

Corona wurde nur in Ausnahmefällen festgestellt

Dennoch: Eltern sollten wachsam sein, wenn ihre Kinder über Schwindel, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen klagen und leichtes Fieber, dunklen Urin und hellen Stuhl haben. «Betroffene Kinder sind sehr müde, sie leiden zum Teil an Erbrechen, und die Hautfarbe verfärbt sich gelb. Es kommt auch zu vermehrten Blutergüssen, ohne dass wesentliche Traumata vorhergegangen waren», erklärt Andreas Cerny. In diesem Fall sollte man einen Kinderarzt aufsuchen und sich beraten lassen. «Einfache Blutuntersuchungen geben rasch Klarheit», so der Experte weiter.

Die Ursache der neuen Hepatitis-Form, die vor allem Kinder bedroht, bleibt mysteriös. «Bei einem Teil der Kinder fand man als möglichen Auslöser eine Infektion mit Adenoviren. Ob diese direkt die Krankheit verursachen oder ob andere Faktoren eine Rolle spielen, ist bisher unbekannt, wird aber intensiv erforscht», sagt Andreas Cerny und erklärt: «Kleinkinder haben oft schon früh im Leben Kontakt mit Adenoviren. Die Schutzmassnahmen, die die Covid-19-Pandemie mit sich brachte, könnte dazu geführt haben, dass Kleinkinder weniger häufig mit Adenoviren in Kontakt kamen und damit anders und schwerer erkrankten.»

Die Impfung gegen Covid-19 scheine hingegen keine Rolle zu spielen, da die meisten Kinder nicht geimpft gewesen seien. Auch sei das SARS CoV-2-Virus nur in Ausnahmefällen nachgewiesen und scheine direkt auch keine Rolle zu spielen, so der Corona-Experte weiter.

17 Kinder erhielten eine Lebertransplantation, ein Kind starb

Die Erkrankung ist jedenfalls schwer und besorgniserregend. «Bei den gemeldeten Fällen verlief die Erkrankung sehr schwer, im Sinne einer fulminanten Form der Hepatitis, die in 17 der 169 Fällen nur mittels einer notfallmässigen Lebertransplantation behandelt werden konnte. Leider kam es auch zu einem Todesfall», berichtet Andreas Cerny.

Auch wenn die Schweiz noch keine Fälle meldet, der Tessiner Epidemiologe ist alarmiert. «Die Falldefinition, die zur Überwachung des Problems sehr wichtig ist, wurde von der WHO publiziert, und die Gesundheitsbehörden sammeln und melden die beobachteten Fälle. Diese Art von internationalem Austausch, an dem sich die Schweiz auch beteiligt, ist enorm wichtig.»

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