Auch Schweizer Kinderärzte schlagen Alarm
Erkranken Kinder durch Corona am gefährlichen Kawasaki-Syndrom?

In den vergangenen Wochen landeten in den Corona-Brandherden von Italien, Spanien, Grossbritannien, Frankreich und Belgien gehäuft Kinder auf Intensiv-Stationen mit schweren Gefässentzündungen. Jetzt gibt es auch in der Schweiz mehr Fälle.
Publiziert: 30.04.2020 um 13:23 Uhr
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Aktualisiert: 08.05.2020 um 17:57 Uhr
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Sollten Grosseltern ihre Enkel doch besser nicht umarmen?
Foto: DUKAS
Myrte Müller

Sollten Grosseltern ihre Enkel doch besser nicht umarmen? Noch vor einer Woche hatte Daniel Koch (65) vom Bundesamt für Gesundheit verkündet, kleine Kinder würden sich kaum mit Covid anstecken und den Virus nicht übertragen. Jetzt beobachten Kinderärzte in mehreren europäischen Ländern die Häufung einer schweren Entzündungskrankheit, dem sogenannten Kawasaki-Syndrom. Und das in Verbindung mit einer Corona-Infizierung. Auch Schweizer Pädiater sind alarmiert.

«Noch bis zum 21. April hätte ich die Meinung von Daniel Koch geteilt, weil die offiziellen Fallzahlen von infizierten Kindern wirklich niedrig waren. Das Virus schien sich vor allem vom Erwachsenen aufs Kind zu übertragen», sagt der Kinderarzt am Genfer Klinikum Grangettes Alessandro Diana (50), «doch dann hatten wir diese ungewöhnlichen Fälle.» Drei Buben (11, 12 und 13) kamen mit starken Bauchschmerzen in die Praxis. Diagnose bei einem Kind: ein Kawasaki-Syndrom.

Die Kids hatten Antikörper gegen Covid

Der Corona-Abstrich bei allen Buben war negativ. «Als es ihnen immer schlechter ging und coronatypische Symptome auftraten, testeten wir sie nochmals, diesmal auf Antikörper. Die Jungs hatten alle das Coronavirus», sagt der Pädiater und Professor an der Uni Genf weiter. Seine Patienten liegen noch heute mit schweren Krankheitsverläufen im Spital. Auch zwei weitere Jugendliche aus Dianas Praxis in Genf wurden erst negativ, dann im Bluttest doch positiv auf Corona getestet.

Viele Symptome, wie die des Kawasaki-Syndroms, würden nicht mit Corona in Verbindung gebracht. Wenn dann auch noch vorgenommene Tests versagten, könnten mit Corona infizierte Kinder durch die Maschen fallen, so die Befürchtung des Infektiologen. «Wir brauchen dringend eine Vernetzung der Schweizer Pädiater, um diese Phänomene zu beobachten», sagt Diana.

Das ist das Kawasaki-Syndrom

Das Kawasaki-Syndrom ist tückisch. Hohes Fieber, Durchfall, Bauchweh, schwerer Atem, Ausschlag, Bindehautentzündung, gerissene Lippen, geschwollene Hände und Füsse. Im schlimmsten Fall können die Gefäss-Entzündungen zu Herzproblemen führen und unbehandelt sogar zum Tod.

Die Erkrankung trifft vor allem Kleinkinder unter fünf Jahren. Bei rechtzeitiger Diagnose, kann das Kawasaki-Syndrom mit einer Antikörper-Therapie erfolgreich bekämpft werden. Und: Die Erkrankung ist sehr selten. Die Fälle im Jahr kann man an den Fingern der Hand abzählen. Den Namen hat das Syndrom vom japanischen Kinderarzt Tomisaku Kawasaki, der 1967 die Erkrankung an Kindern erstmals feststellte.

Das Kawasaki-Syndrom ist tückisch. Hohes Fieber, Durchfall, Bauchweh, schwerer Atem, Ausschlag, Bindehautentzündung, gerissene Lippen, geschwollene Hände und Füsse. Im schlimmsten Fall können die Gefäss-Entzündungen zu Herzproblemen führen und unbehandelt sogar zum Tod.

Die Erkrankung trifft vor allem Kleinkinder unter fünf Jahren. Bei rechtzeitiger Diagnose, kann das Kawasaki-Syndrom mit einer Antikörper-Therapie erfolgreich bekämpft werden. Und: Die Erkrankung ist sehr selten. Die Fälle im Jahr kann man an den Fingern der Hand abzählen. Den Namen hat das Syndrom vom japanischen Kinderarzt Tomisaku Kawasaki, der 1967 die Erkrankung an Kindern erstmals feststellte.

Kleinkind im Tessin mit Corona und Kawasaki-Syndrom

Auch im Tessin taucht ein Corona-Fall mit Kawasaki-Syndrom auf. Diesmal ein Kleinkind. «Ein Familienmitglied hatte Covid-Symptome, da haben wir einen Abstrich am Kind vorgenommen – das Kind war infiziert», sagt Kinderärztin und Infektiologin Lisa Kottanattu (38) am Kantonsspital in Bellinzona TI, «die Erkrankung verlief normal. Das Kind konnte bald wieder nach Hause».

Das Kawasaki-Syndrom trifft normalerweise vorwiegend Kleinkinder. Jetzt aber erkranken auch Kids im Schulalter. Im schlimmsten Fall können die Gefässentzündungen zu Herzproblemen führen und unbehandelt sogar zum Tod.

Häufung von Kawasaki-Fällen in anderen Ländern

Normalerweise hat das italienische Bergamo höchstens drei Kinder mit dem Kawasaki-Syndrom im Jahr. Allein von Mitte März bis Mitte April 2020 jedoch gab es zwölf Fälle im Spital Papa San Giovanni XXIII. Ihr Durchschnittsalter: sieben bis acht Jahre. Zwei Kinder landeten auf der Intensivstation.

Genua meldet fünf Kawasaki-Patienten in den vergangenen vier Wochen. Im römischen Kinderspital Bambino Gesù fallen bei 30 Kindern Frostbeulen an den Füssen auf; und das bei frühlingshaften Temperaturen. Hautveränderungen, die zum Kawasaki-Syndrom passen.

Britischer Gesundheitsminister in grosser Sorge

In Grossbritannien berichten Medien von 20 Kindern mit dem Kawasaki-Syndrom. Ihre Symptome ähnelten denen des Toxischen Schocksyndroms und einer atypischen Form der seltenen Gefässentzündung. Gesundheitsminister Matt Hancock sagt auf einer Pressekonferenz: «Ich bin sehr besorgt».

«Seit einem Monat erhalten wir Anrufe von Notärzten, die Kinder mit schweren Herzmuskel-Entzündungen melden», sagt Isabelle Kone Paut, Professorin für pädiatrische Rheumatologie am Krankenhaus Kreml-Bicêtre in Paris. Einige davon seien mit Corona infiziert. Sie wisse von 20 Kindern im Alter zwischen zwei und zehn Jahren, allein in der französischen Metropole.

In Madrid wurden zehn Kinder mit Kawasaki-Syndrom beobachtet und auch Belgien meldet mehrere Fälle. Wie viele der Kawasaki-Patienten tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert wurden, ist noch ungeklärt. «Das Tückische am Coronavirus ist, dass wir jeden Tag vor neuen Herausforderungen stehen. Wir müssen achtsam sein», sagt der Genfer Kinderarzt Alessandro Diana.

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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