Darum gehts
Die Wahlen auf Trumps Lieblingsinsel Grönland enden überraschend mit dem Sieg von zwei Oppositionsparteien. Die liberalen Demokraten haben ihren Stimmenanteil verdreifacht und übernehmen mit rund 30 Prozent die Macht. Gleichzeitig haben die Unabhängigkeits-Turbos der Partei Naleraq ihren Stimmenanteil verdoppelt und erreichen mit 24,5 Prozent Platz zwei.
Nach diesem Wahlbeben am Dienstag sowie Trumps geäusserten Gelüsten auf die Insel wird sich Grönland politisch neu ausrichten. Aber: Trump dürfte trotzdem nicht zum Handkuss kommen.
Bisher hat auf Grönland Ministerpräsident Múte B. Egede (38) regiert. Er hatte die Äusserungen von US-Präsident Donald Trump (78), der die Insel aus Gründen der Lage und der Bodenschätze übernehmen will, stark kritisiert. Er sagte, dass die Insel nicht zum Verkauf stehe und bezeichnete Trump als «sehr unberechenbar».
Grönland will Veränderung
Nun muss Egede abtreten. Seine linke Partei Inuit Ataqatigiit (IA) und deren sozialdemokratischer Koalitionspartner Siumut verloren je um die 15 Prozentpunkte, womit sie noch auf 21,4 beziehungsweise 14,7 Prozent kommen.
Neuer Regierungschef dürfte Jens-Frederik Nielsen (33), Demokraten-Chef und ehemaliger Minister für Industrie und Mineralien, werden. Mit ihm hat Grönland zum ersten Mal keinen Ministerpräsidenten aus dem Mitte-Links-Lager. Er kündigte an: «Die Menschen wollen eine Veränderung. Wir wollen mehr Wirtschaft, um unseren Wohlstand zu finanzieren.»
Gleichzeitig dürfte neuer Schwung in die Unabhängigkeitsbewegung kommen. Sämtliche Parteien streben die Loslösung vom Königreich Dänemark an. Während die meisten behutsam und wohlüberlegt vorgehen wollen, drückt die zweitplatzierte Naleraq aufs Tempo.
Ran an die Bodenschätze
Ebbe Volquardsen (43), Kulturhistoriker an der Universität Grönland, erklärt gegenüber Blick die Auswirkungen der Wahlen. «Die Wahlen sowie die aktuell weltweite Aufmerksamkeit geben Grönland die Chance, etwas zu verändern.» So könnte die Inselregierung mit Dänemark über eine neue Kooperation mit mehr Autonomie verhandeln – was bisher undenkbar gewesen sei. Die Partei Naleraq mache zudem in Kopenhagen Druck, dass die unrühmliche Geschichte des Königreichs mit den Inuit aufgearbeitet werde.
Zurzeit befinden sich viele Institutionen in staatlicher Hand. Unter der neuen Regierung wird das an Bodenschätzen reiche Grönland das private Unternehmertum fördern und Investitionen auslösen. Die Suche nach Investoren, etwa für den Bergbau, dürfte sich vor allem auf die USA, Kanada und Europa ausrichten.
Keiner will Trump
Wenn Volquardsen die USA nennt, meint er nicht Trump. «Keine der Parteien will, dass Trump und die Amerikaner die Insel übernehmen», sagt der Grönland-Kenner. Zwar gebe es innerhalb der Naleraq Trump-Sympathisanten. Doch auch diese suchten mit den Amerikanern nur deshalb das Gespräch, um Investoren an Land zu ziehen.
Auch dass die Grönländer die Regierung auswechseln wollen, hängt laut Volquardsen nur bedingt mit Trumps Dynamik zusammen. «Trump hat sicher die Atmosphäre beeinflusst. Ausschlaggebend waren aber die lokalen Probleme wie die Förderung der Wirtschaft und die hohen Lebenshaltungskosten.»
Nun liegt es an Wahlsieger Nielsen, eine Koalition zu schmieden. Grönland-Experte Michael Paul (65) von der Stiftung Wissenschaft und Politik sieht im Vordergrund eine Zusammenarbeit der Demokraten mit der bisherigen Regierungspartei Inuit Ataqatigiit.
Der Naleraq gibt er wenig Chancen auf eine Regierungsbeteiligung. Paul: «Naleraq will am liebsten schon gestern die Unabhängigkeit und ist ein schwieriger Partner, an dem schon die erste Egede-Regierung zerbrach.»