Trump war mit Begnadigungen bisher sehr zurückhaltend – aber das könnte sich noch ändern
US-Präsidenten begnadigen Tausende von Tätern

Begnadigung gegen Schmiergeld? Die US-Justiz ermittelt gegen Donald Trump. Fest steht: Trump ging mit Begnadigungen bisher sehr zurückhaltend um. BLICK zeigt einige der bekanntesten Begnadigungen der US-Geschichte.
Publiziert: 02.12.2020 um 14:45 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2021 um 08:06 Uhr
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Vor wenigen Tagen begnadigte Donald Trump (l.) seinen ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn.
Foto: Getty
Guido Felder

Kurz vor Amtsende werden gegen US-Präsident Donald Trump (74) Vorwürfe der Bestechung laut. Die US-Justiz untersucht einen Fall, in dem Trump Schmiergeld für eine Begnadigung entgegengenommen haben soll. Um wen es geht, ist nicht bekannt.

Begnadigungen durch US-Präsidenten sind gang und gäbe. Gemäss Verfassung hat der Präsident die Macht, «Strafaufschübe und Begnadigungen» für Verbrechen auf Bundesebene zu gewähren, jedoch nicht auf Ebene der US-Staaten. Allein im 20. Jahrhundert haben Präsidenten rund 20'000 Begnadigungen ausgesprochen oder Strafen gemildert.

US-Justiz untersucht mögliche Intrige von Präsident Trump
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Schmiergeld für Begnadigung?US-Justiz untersucht mögliche Trump-Intrige

Berühmte Beispiele

Praktisch jeder Präsident in der US-Geschichte hat von dieser Befugnis Gebrauch gemacht, wenn aus seiner Sicht schweres Unrecht geschehen ist, oder um politische Spaltungen zu überwinden. Einige spektakuläre Fälle von Begnadigungen:

Soldaten und Dienstverweigerer
Im 19. Jahrhundert gewährte Präsident Andrew Johnson (1808–1875) pauschale Straferlasse für Soldaten, die im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861–1865) für die unterlegene Armee der Konföderierten kämpften. Er wollte mit diesem Schritt möglichst schnell die nationale Einheit wieder herstellen. 1977 erliess Präsident Jimmy Carter (96) zum Amtsantritt eine Amnestie für Hunderttausende, die im Vietnamkrieg den Dienst umgangen hatten.

Richard Nixon, US-Präsident
Präsident Gerald Ford (1913–2006) begnadigte 1974 seinen unter Druck zurückgetretenen Vorgänger Richard Nixon (1913–1994) wegen dessen Bundesverbrechen, die er «begangen hat oder haben könnte oder in die er verwickelt gewesen» sein könnte. Die Begründung: Die Nation sei zu polarisiert und müsse den Watergate-Skandal um krassen Machtmissbrauch in der Nixon-Ära hinter sich lassen. Fords Entscheid wurde heftig kritisiert.

Marc Rich, Milliardär
Rohstoffhändler Marc Rich (1934–2013), der zuletzt in Luzern lebte, galt lange als eine der meistgesuchten Personen des FBI. Rich wurde 1983 in den USA der Steuerhinterziehung, Falschaussage, dem Handel mit dem Iran und korrupter Organisationen angeklagt. Der damalige Staatsanwalt Rudy Giuliani (76), der später Bürgermeister von New York wurde und heute Trump-Berater ist, wollte ihn 300 Jahre hinter Gitter bringen. Mit grosszügigen Spenden verschaffte sich Rich gute Freunde in der Schweiz, Israel und andern Ländern. Bill Clinton (74) begnadigte ihn 2001, möglicherweise nicht zuletzt wegen umfangreicher Spenden an die Clinton-Stiftung und die demokratische Partei.

Roger Clinton, Präsidenten-Bruder
Der Halbbruder von Präsident Bill Clinton sass mehrere Male wegen Schmuggels und Besitzes von Kokain im Gefängnis. Nur wenige Tage vor Ende seiner Amtszeit begnadigte Bill Clinton den heute 64-jährigen Schauspieler und Musiker.

Oscar Collazo, Präsidenten-Attentäter
1950 überlebte Präsident Harry S. Truman (1884–1972) ein Attentat, bei dem Oscar Collazo (1914–1994) versuchte, ihn zu erschiessen. Der Komplize wurde beim Schusswechsel getötet, der Täter überlebte und wurde zum Tod verurteilt. Truman milderte die Strafe auf lebenslangen Freiheitsentzug, Präsident Jimmy Carter schliesslich begnadigte Collazo 1979.

Bradley (Chelsea) Manning, Whistleblower
Der Soldat Manning (32) hatte rund 800'000 geheime Dokumente der Armee und des Aussenministeriums der Enthüllungsplattform Wikileaks ausgehändigt und wurde dafür zu 35 Jahren Haft verurteilt. Barack Obama (59) kürzte die Strafe auf knapp sieben Jahre. Nach seiner Verurteilung 2013 erklärte Manning, als Frau zur Welt gekommen zu sein und tritt seither als Chelsea Manning in Erscheinung.

Zwei Truthähne
Es gehört zur Tradition, dass der US-Präsident jedes Jahr an Thanksgiving zwei Truthähne begnadigt, damit sie nicht im Ofen landen. Vermutlich geht diese Tradition auf den 16. Präsidenten, Abraham Lincoln (1809–1865) zurück. Auch Trump machte dieses Jahr den Spass nach seiner Abwahl mit.

Trump zurückhaltend

Im Vergleich zu Vorgänger Barack Obama, der insgesamt 212 Begnadigungen ausgesprochen und in 1715 Fällen das Strafmass verkürzt hatte, war Donald Trump bisher zurückhaltender: Trump hat erst 44 Mal ein Strafmass aufgehoben oder verkürzt.

Er könnte aber aufholen: Laut «New York Times» arbeitet ein Trump-Team mit Hochdruck daran, das Strafgesetzbuch so zu überarbeiten, dass sogar noch Hunderte Straftäter, darunter auch Dealer und Betrüger, begnadigt werden könnten.

Begnadigt sich Trump selber?

Vergangene Woche hat Trump seinen ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater Michael Flynn (61) begnadigt und sich damit dem Vorwurf des Machtmissbrauchs ausgesetzt. Der pensionierte General Flynn war in die Affäre um russische Einflussnahme auf die US-Präsidentenwahl von 2016 verstrickt.

Es heisst auch, dass sich Trump möglicherweise sogar selber begnadigen wolle, um Anklagen auf Betrug und Vergewaltigung zu entgehen. Da er eine eigene Begnadigung nicht selber vollziehen kann, könnte er sich eines Tricks bedienen: Er tritt schon vorzeitig zurück und überlässt seinem Vize Mike Pence für die letzten Tage die Präsidentschaft, damit dieser die Begnadigung aussprechen kann.

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