«Am Ende werden Sie mich verarschen»
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Enthüllungsbuch von Woodward:So schlimm steht es um Donald Trump

Trotzdem gab Trump Enthüllungs-Journalist Woodward 18 Interviews
«Am Ende werden Sie mich verarschen»

Obwohl er vermutete, dass es für ihn ein «lausiges Buch» geben würde, gewährte Donald Trump dem Journalisten Bob Woodward 18 Interviews. Er wollte einen Fehler, der vor zwei Jahren passierte, verhindern.
Publiziert: 10.09.2020 um 15:25 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2020 um 07:33 Uhr
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Im Dezember 2019 empfing Donald Trump den Journalisten Bob Woodward zum ersten Mal im Weissen Haus. Der Präsident hatte alles inszeniert und sogar Vizepräsident Mike Pence (r.) aufgeboten.
Foto: The White House
Guido Felder

Ausgerechnet einem erfahrenen Enthüllungsjournalisten gegenüber gestand Donald Trump (74), wie er bewusst die Corona-Gefahr kleingeredet hatte. Warum plauderte der US-Präsident so offen mit Bob Woodward (77)?

«Rage» (Wut) ist nicht das erste Buch, das Woodward nächste Woche über Trump veröffentlichen wird. Schon 2018 zeichnete er in «Fear» (Furcht) ein verheerendes Bild des Präsidenten und berichtete von «beängstigenden Zuständen» im Weissen Haus.

Für «Fear» hatte Woodward über hundert Stunden Interviews mit Vertrauten Trumps geführt – aber nicht mit dem Präsidenten selber. Darüber beschwerte sich Trump beim Autor, der wiederum behauptete, ihn wiederholt für eine Stellungnahme angefragt zu haben.

Einladung ins Weisse Haus

Bei «Rage» war es anders. Trump erklärte sich von Anfang an bereit, offen mit Woodward zu sprechen. Denn wer vom Starjournalisten interviewt wird, darf sich geschmeichelt fühlen: Von seinen 19 Büchern landeten 13 auf der Bestsellerliste.

Trump ist besessen davon, sich für die Nachwelt zu verewigen, sei es mit dem lächerlichen Versuch, Grönland zu kaufen, sein Konterfei neben die vier grossen Präsidenten am Mount Rushmore in Stein hauen zu lassen oder eben Hauptdarsteller in einem Bestseller zu werden. Trump war wohl davon ausgegangen, dass er mit offenen Gesprächen Woodward besänftigen und beeinflussen könne, damit das neue Buch kein so grosser Verriss mehr würde wie «Fear».

Zwischen Dezember 2019 und Ende Juli 2020 fanden 18 Interviews statt. Trump sagte dem Buchautor laut CNN klar, was er von ihm erwartete: «Es wäre eine grosse Ehre, ein gutes Buch von Ihnen zu bekommen.»

Trump lud Woodward zu sich ins Weisse Haus und auf seinen Privatsitz nach Mar-A-Lago in Florida ein und rief ihn sogar auch unerwartet an, um mit ihm zu reden. Im Weissen Haus führte er ihn persönlich herum und zeigte ihm grinsend auch den «Monica Room», wo der ehemalige Präsident Bill Clinton (74) mit seiner Praktikantin Monica Lewinsky (47) Sex hatte.

Trump setzte sich in Szene

Woodward berichtet, wie der Präsident sich bei seinem Besuch für die Fotografen in Szene setzte und ihm stolz Bilder von sich und Nordkoreas Diktator Kim Jong Un (36) zeigte. Er habe gesagt: «Das ist die Linie, richtig? Dann bin ich über die Linie gegangen. Ziemlich cool.» Niemand habe das jemals vor ihm getan.

Woodward hatte die Watergate-Affäre aufgedeckt und 1974 den damaligen Präsidenten Richard Nixon (1913–1994) zu Fall gebracht. Glaubte Trump wirklich, dass der Enthüllungsjournalist über ihn ein «gutes Buch» verfassen würde? Vermutlich doch nicht. Denn Trump habe Woodward schliesslich auch gesagt: «Sie werden mich wahrscheinlich verarschen. Und am Ende werden Sie wahrscheinlich ein lausiges Buch schreiben.»

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