Russland bombardiert das Stromnetz und die Energieversorgung der Ukraine mit Drohnen und Raketen. Ziel von Wladimir Putins (70) Strategie ist es, das Land im Winter in die Knie zu zwingen. Die Bevölkerung hat durch die beschädigte Infrastruktur vielerorts kein Wasser, kein Strom und die Heizungen bleiben kalt. Die Drohnen, die solche Schäden anrichten, erhält Russland aus dem Iran. Doch indirekt hat auch der Westen seine Finger mit im Spiel.
Obwohl das Institute for the Study of War (ISW) in der Vergangenheit bereits davor gewarnt hat, dass Russland die Hochpräzisionswaffen ausgehen könnten, wird kurz vor dem Winter fleissig weiter geschossen. Statt mit präzisen Raketen greifen die Russen mit Schwärmen von Kamikaze-Drohnen an. Wie der «Spiegel» schreibt, wurden die genutzten Drohnen-Modelle von Experten etwas genauer analysiert.
Die Organisation Conflict Armament Research (CAR), eine britische Expertengruppe, hat sich auf die Nachverfolgung der Waffenlieferungen spezialisiert und begutachtete die Drohnen in der Ukraine. Obwohl Teheran und Moskau monatelang einen Waffendeal bestritten, räumte die iranische Regierung schliesslich ein, vor dem Krieg Waffen an Russland entsandt zu haben. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Bei der Analyse der Einzelteile entdeckten die Experten, dass Drohnen auch im Mai und noch später nach Russland geschickt wurden, erkennbar an den Herstellungsdaten. Was ebenfalls auffiel: Die verbauten Teile kommen nicht etwa aus dem Iran, sondern teilweise aus Amerika, Asien und Europa.
Einzelteile stammen aus Amerika
Die Typenbezeichnungen der westlichen Bauteile deuten darauf hin, dass sie erst in den letzten Jahren – also 2020 bis 2021 hergestellt wurden. Doch gerade in diesen Jahren wurde der Iran vom Westen bereits sanktioniert, damit dem Regime keine westlichen Waffen in die Hände fallen. Trotzdem gelangten die Teile in den Iran. «82 Prozent dieser Komponenten wurden in den USA hergestellt», schreibt die CAR in ihrem Bericht. Die Motoren der Shahed 136 und der Mohajer 6 sollen gar aus Österreich stammen.
Gerade die Verkabelung ist auffällig und deutet ebenfalls darauf hin, dass die Drohnen aus dem Iran kommen. Diese ähnle den Drohnen, die im Nahen Osten gefunden wurden. Nur etwas ist anders: Die Drohnen in der Ukraine wurden modernisiert. Allem Anschein nach konnte sich der Iran bei der Waffentechnik einiges vom Westen abschauen.
Iran konnte trotz Sanktionen auf westliche Technik setzen
2015 verabschiedete die Uno die «Resolution 2231» mit dem Ziel, das Atomprogramm des Irans zu stoppen und die Weiterentwicklung von Waffen wie ballistischen Raketen, Marschflugkörpern sowie unbemannten Luftfahrzeugsystemen zu verhindern. Trotz der Sanktionen konnte das Mullah-Regime die Waffen weiterentwickeln.
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Der Trick: Statt militärische wurde zivile Technik aus dem Westen verbaut, die keinen Verkaufs- und Ausfuhrkontrollen unterliegen. Damit sind die Drohnen vielleicht weniger genau, doch der Krieg in der Ukraine zeigt: Die Billigdrohnen reichen Russland aus, um grossen Schaden anzurichten. Der Westen reagiert mit neuen Sanktionen gegen den Iran. Offenbar ohne Wirkung. Auch das iranische Atomprogramm wird fortgeführt. Der Iran kündigte an, in der Anlage Fordo mit der Produktion von auf 60 Prozent angereichertem Uran begonnen zu haben. Zum Bau von Atombomben ist auf rund 90 Prozent angereichertes Uran notwendig.
Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und die USA reagierten besorgt und erklärten, es gebe «keine glaubwürdige zivile Rechtfertigung» für die Ausweitung des iranischen Atomprogramms. (jwg)